Kommentar Abtreibungsverbot: Frau, Schwangerschaft, Mutter?

Könnte der Dannenberger Fall eine Vorreiterrolle einnehmen? Nicht nur Frauen dürfen hierzulande entscheiden, ob sie abtreiben.

Ein Sticker, auf dem „Ficken statt beten“ steht

Bringt es doch auf den Punkt Foto: Imago/Christian Mang

Müssen wir befürchten, dass die Elbe-Jeetzel-Klinik in Dannenberg eine Art Vorreiterrolle einnimmt? Dass jetzt auch andere Krankenhäuser in der Republik keine Abtreibungen mehr durchführen, weil ihr christlicher Chef ungeborenes Leben schützen will?

Nein, müssen wir nicht. Von einem Amerika, wo in manchen Bundesstaaten Abtreibungskliniken als „Stätten des Meuchelns“ an den Rand von Ortschaften gedrängt werden, sind wir weit entfernt. Gleichwohl ist die „Lebensschützer“-Rhetorik von RechtspopulistInnen hierzulande, von manchen Christen und der erstarkenden Pro-Life-Bewegung nicht zu unterschätzen. Umfragen zufolge empfinden immer mehr junge Menschen Schwangerschaftsabbrüche als Mord.

Das dürfte eine Folge der Dauerbeschallung durch die „LebensschützerInnen“ sein, die bei Demos insbesondere jungen Menschen kleine Plastikföten in die Hand drücken, mit Sätzen wie: „Wenn du das wegmachen lässt, wirst du zum Mörder, zur Mörderin.“

Es ist eine große emanzipatorische Errungenschaft, dass in unserem Land keine Frau ein Kind bekommen muss, das sie nicht bekommen will oder kann. Ebenso, und das sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, wird niemand dazu gezwungen, abzutreiben. Noch kann das jede selbst entscheiden – nach ihrer Lebenslage und eigenen ethischen Grundsätzen.

Ebenso haben MedizinerInnen das Recht, Abtreibungen nicht selbst durchführen zu müssen, wenn das ihrem Glauben widerspricht. Aber sie sollten ihre Frömmigkeit nicht ihren KollegInnen überstülpen, sondern diese selbst entscheiden lassen.

Unerträglich wird es, wenn ein Arzt, wie in Dannenberg geschehen, ungewollt schwangere Frauen fragt, warum sie nicht verhütet hätten. Das ist mehr als eine Frechheit: Damit macht er allein sie für die Schwangerschaft verantwortlich. Frau, Schwangerschaft, Mutter – eine Dreieinigkeit, die vielleicht christlich, aber nicht für jede zwangsläufig ist.

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Ressortleiterin taz.de / Regie. Zuvor Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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