Kolumne Wutbürger: Heimlicher Kaufrausch

Die Buchhandlungen sterben aus, die Innenstädte veröden. Wer bei Internetversandhändlern bestellt, sollte sich darüber nicht beschweren.

Sieht nicht schön aus, hilft aber dem Einzelhandel: Offline-Einkauf. Bild: dpa/Marc Müller

Es ist mir völlig klar, dass zwischen Erkenntnis und dem eigenen Handeln häufig eine Lücke klafft. Doch einige Lücken sind mir zu groß. In meinem Umfeld tummeln sich viele Leute, die glauben, politisch korrekt zu sein. Das hindert sie aber nicht daran, ständig bei einem großen Internetversandhändler zu bestellen. Auch wenn sie bestens über dessen fragwürdiges Geschäftsmodell und die miesen Arbeitsbedingungen informiert sind.

Gleichzeitig jammern sie über die Verödung der Innenstädte und das Sterben der kleinen Buchhandlungen. Ich kenne sogar Leute, die stolz erzählen, dass sie sich in einem Fachgeschäft beraten lassen und dann für ein paar Euro billiger die Ware im Netz bestellen.

Klar, es ist bequemer, auf dem Sofa zu sitzen und sich den Einkaufstrubel zu ersparen. Klicken, kaufen und kurz darauf kommt der schlecht bezahlte Kurier. Bis auch der wegrationalisiert und durch kleine Drohnen ersetzt wird.

Die vermeintlich politisch Korrekten verlagern den Konsumrausch auch deswegen ins Netz, weil sie dort unter Ausschluss der Öffentlichkeit shoppen können. Sie müssen nicht mit peinlichen Einkaufstüten durch die Gegend laufen. Mehr noch, sie können in ihrem Offline-Leben herablassend auf die Tütenschlepper schauen und Konsumverzicht vortäuschen.

Wofür brauchen wir überhaupt noch Verlage? Die Titelgeschichte „Es wird ein Buch“ über die Zukunft der Literatur lesen Sie in der taz.am wochenende vom 7./8. Dezember 2013 . Darin außerdem: Wie man spontan einen Tisch voll Freunde bewirtet – auch wenn man den Besuch vergessen hatte. Und der sonntaz-Streit: Soll man im Flugzeug telefonieren dürfen? Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Mir reicht’s! In den Wochen vor Weihnachten werde ich zurückschlagen. Zwar nur mit einem kleinen Protest, aber immerhin: Pakete für die Nachbarn nehme ich nur noch an, wenn sie von der Oma oder den Eltern kommen.

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