Kolumne Pressschlag: Nur das Triple ist das Ganze

Pokalsieg und Meisterschaft? Das ist doch wirklich nur etwas für Loser. Kein Wunder, dass Jupp Heynckes keine Zukunft hat beim FC Bayern.

Bayerntrainer Jupp Heynckes bei einer Champions League Pressekonferenz

Wird Feuerwehrmann Jupp Heynckes am Ende des Tages gar am Triple scheitern? Foto: ap

Unter uns Fußballexperten dürfte Konsens herrschen, dass Jupp Heynckes, wenn er mit dem FC Bayern nicht das Triple gewinnen sollte, eine ziemliche Fehlbesetzung war. Einer, der nun zu Recht den Klub verlassen muss.

Meister wurde Heynckes zwar, aber dass der FCB die Saison auf Platz eins abzuschließen hat, steht ja bekanntlich im ungeschriebenen Teil der DFL-Statuten. Dass dem FCB zudem der Pokal zusteht, haben ja auch fast alle akzeptiert. Nur Borussia Dortmund glaubte 2015 und 2017 gegen diese Tradition, mit der der deutsche Fußball immer gut gefahren ist, verstoßen zu müssen. Damit in diesem Jahr im Pokalfinale nichts schiefgeht, haben die Weisen aus der Säbener Straße ja klug vorgebaut und mit Niko Kovac arbeitsvertraglich den Gewinn abgesichert – also im nichtschriftlichen Teil des Vertrags, logisch.

Bleibt das Sorgenkind Europa. Und da hakt’s wirklich: 2014 nichts, 2015 auch nichts, 2016 wieder nichts und 2017 nicht einmal mehr der – allerallermindestens! – den Bayern zustehende Halbfinalplatz! Gut, dieses Minimalziel „Halbfinale“ hat der Jupp Heynckes hinbekommen. Immerhin. Aber sonst? Mit dem eigentlich zustehenden Finaleinzug und -sieg sieht es schlecht aus. Das sportfachliche Urteil „Fehlbesetzung Heynckes“ steht schon im redaktionellen Stehsatz.

Die Zeiten sind eben rauer geworden. Früher haben sich Mannschaften ja noch über eine gewonnene Meisterschaft gefreut: nackte Männer, voll wie ein Entmüdungsbecken, grölten Lieder, von denen nicht jedes im Einklang mit dem Fairplay-Gedanken stand. Das ist ja zum Glück vorbei: Heute weiß die Fachpresse, dass das Dinge sind, die mit Fußball nichts zu tun haben. Und dass es Bilder sind, die wir Ihnen genauso wenig zumuten möchten wie den Anblick eines Flitzers bei einem Fifa-Turnier.

Moderner Fußball, das ist: nach gewonnener Meisterschaft im Interview mit dem Vertragssender betonen, dass man sich freut, aber noch wichtige Spiele vor sich hat und sich dann zum schon wartenden Flieger verabschieden.

Moderner Fußball ist also: sich nicht mit so etwas Falschem wie einem „Vizetitel“ zufrieden zu geben und schon gar nicht nach dem Erreichen eines ersten Teilziels wie einer bloß nationalen Meisterschaft auszuflippen, wo doch größere Ziele warten.

Ob der Jupp Heynckes mit seinen 72 Jahren, der doch noch einer ganz anderen Fußballergeneration entstammt, das so wirklich kapiert hat? Wir Experten müssen das bezweifeln.

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Jahrgang 1964, Mitarbeiter des taz-Sports schon seit 1989, beschäftigt sich vor allem mit Fußball, Boxen, Sportpolitik, -soziologie und -geschichte

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