Kolumne Press-Schlag: Don Jupp, lebender Mythos

Fünf zu null gegen Freiburg: ein schöner Start für Jupp Heynckes. Doch es wird höchste Zeit, über die Zukunft nachzudenken.

Zwei Fußballspieler im Zweikampf

Jupp Heynckes (Borussia Mönchengladbach, links) im Zweikampf mit Bayernspieler Uli Hoeneß (Archivbild vom 26.02.1972) Foto: imago/werek

Man muss sich Uli Hoeneß als glücklichen Menschen vorstellen. Da unterbricht sein „ziemlich bester Freund“ sein erfülltes Rentnerdasein (Frühstück machen, mit dem Hund gehen) und rettet ihm mal eben den Arsch: fünfnull gegen Freiburg! Und die Sonne lacht dazu.

Nur blöd, dass das Oktoberfest schon vorbei ist, sonst gäbe es jetzt auch noch diese tollen Wiesn-Fotos von Uli und Jupp in Tracht und mit Maßkrug. Aber auch ohne diese Perlen müsste man Hoeneß eigentlich abbusserln. Nicht, weil er seinen Klub via Jupp Heynckes vor dem sicheren Untergang gerettet hat, sondern wegen der Bilder, die er uns beschert.

Freunde der gepflegten Nostalgie treibt es seit Tagen Tränen der Rührung ins Auge, wenn sie all die wunderbaren Aufnahmen aus den 70ern und 80ern sehen, die gerade auf allen Kanälen laufen: Jupp und Uli gemeinsam auf Torjagd, der Jupp mit dem herrlich schnauzbärtigen Müller Gerd, Jupp und Berti beim Knutschen. Mit Osram-Birne neben dem jungen Christoph Daum im Sportstudio.

Oder Tante Titti, die 1987 meinte, der Jupp werde sich nie an München gewöhnen – nä wat schön, wie man wohl im Heynckes-Land am Niederrhein sagen würde. Gar nicht auszudenken, man hätte Magermilch-Model Thomas Tuchel verpflichtet! Wie fad. Der hätte doch gleich wieder über Fußball geredet: falsche Neuner, abkippende Sechs und immer wieder pressen, pressen.

Nein, es ist schon gut, dass der Jupp wieder da ist, nach 1.596 Tagen Ruhestand, zum 1.012. Bundesligaspiel. Lange hat es nicht mehr so gemenschelt. Herzzerreißend das Drama um Cando, den bekanntesten Schäferhund der Bundesliga-Geschichte. 513 Kilometer Luftlinie trennen ihn vom Herrchen, der nun Besseres zu tun hat.

Cando leidet

„Ich gehe morgens um viertel nach sieben aus dem Hotel und komme abends um acht, halb neun zurück.“ Heynckes tut sich schwer mit der Fernbeziehung: „Cando frisst seit zwei Tagen nicht mehr. Ich habe ihm schon eine Videobotschaft geschickt. Das hat nicht geholfen. Stattdessen hat mein Kater Nero in einem Video meiner Frau geantwortet. Er hat dabei gerattert wie ein Sachs-Motor.“

Vor lauter Folklore gerät Fußball zur Nebensache. Denn im Grunde ist die Causa Heynckes ein peinliches Schuldeingeständnis der Bayern-Bosse. Ja, wir haben die Entwicklung um Ancelotti, dessen Entdeckung der Langsamkeit und des dolce far niente nicht wahrhaben wollen.

Ja, wir haben am Samstagabend auch diesen spektakulären High-Speed-Fußball von Leipzig und Dortmund gesehen, und nein, keine Ahnung, wie wir da auch mal hinkommen könnten. Ja, wir haben es vermasselt, Lahm einzubinden oder wenigstens den Eberl zu holen. Ja, blöd, dass Kaderplaner ­Reschke von der Fahne ging (zum VfB!).

Nein, aus dem Nachwuchs wird so schnell keiner nachrücken, obwohl wir ständig den Trainerstab auswechseln. Und nein, ­Sagnol und Salihamižić werden den Fußball nicht neu erfinden, aber sie quatschen uns wenigstens nicht rein.

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