Kolumne Pflanzen essen: Nur noch handgestreicheltes Obst

McDonald's bietet einen veganen Burger an und es gibt Kritik – von Veganern. Unsere Kolumnistin findet diese radikale Haltung selbstgerecht.

Vor einer McDonalds-Filiale steht ein Mensch, der sich als Zombieversion von Ronald McDonald verkleidet hat

McDonald's, nur ein Ort für Fleischzombies? Das stimmt nicht mehr Foto: dpa

Bestimmt seit 17 Jahren habe ich keinen McDonald’s mehr betreten. Aber beim nächsten Deutschlandbesuch werde ich mich wieder hineinwagen. Denn seit Ende April gibt es in deutschen Filialen eine vegane Option: den Big Vegan TS. Der besteht aus Tomate, Salat, Zwiebeln, Soße und einem Burgerpattie, das bis hin zur roten Färbung so fleischähnlich wie möglich sein will.

Nun finden manche diese Innovation völlig ungenießbar. Und das sind weniger eingefleischte McDonald’s-Esser, denen sich beim Gedanken an Burger aus Pflanzen anstelle von zermahlenen toten Tieren der Magen umdreht – viele meiner omnivoren Freunde finden Vegan-Patties sogar ganz lecker. Nein, ich spreche von der Variante Veganer, die anderen Veganern einen Vorwurf macht, wenn diese bei nichtveganen Konzernen vegan einkaufen. Bei McDonald’s dürfe man nicht essen gehen, sagen sie, auch nicht vegan, weil das ein gieriger globaler Großkonzern ist, der weiterhin Tiere ausbeutet.

Mag sein, ABER: Mit dieser hardcore Mir-singen-Engel-aus-dem-Popo-Haltung vergrault man viele Menschen, die eigentlich offen sind für eine pflanzliche(re) Ernährung. Diese Haltung ist vor allem selbstgerecht und abgehoben.

Selbstgerecht, weil: Wer sagt, McDonald’s geht gar nicht, der geht auch lieber nicht mehr bei Edeka und Co einkaufen, setzt sich weder in Bahn noch Flieger (schon mal ins Bord-Menü geguckt?), fährt auch nicht mehr mit dem Fahrrad (Stearinsäure aus tierischen Fetten in den Reifen) und zieht am besten sofort in den Urwald, um von handgestreicheltem Fallobst zu leben.

Vegan auch in der tiefsten Provinz

Abgehoben, weil: Nicht jeder hat in seiner Umgebung mehrere vollvegane Restaurants zur Auswahl, und viele Menschen haben weder Zeit noch Geld, rein vegan in kleinen Bioläden einzukaufen. McDonald’s hat über 1.400 Locations deutschlandweit, auch in der tiefsten Provinz, und ich finde es gut, wenn ein solcher Konzern einer breiteren Öffentlichkeit vegane Produkte zugänglich macht.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Zumal das nebenbei den Beweis dafür liefert, dass unser Konsum die Welt verändert. Denn, logisch, aus reinem Altruismus, Liebe zu den Tieren und dem Planeten macht McDonald’s das nicht. Aber das ist mir schlussendlich auch schnurzpiepegal – Hauptsache, der Veganismus verbreitet sich.

Erst, wenn pflanzliche Alternativen total normal und erschwinglich sind, ob im Supermarktregal oder in Burgerketten, ist die Basis dafür geschaffen, dass in einer besseren Zukunft das Tierprodukt (samt Tierleid und Umweltzerstörung) als unnormal betrachtet wird. Es ist absurd zu denken, das wäre durch den Bioladen um die Ecke zu bewerkstelligen.

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