Kolumne Luft und Liebe: Von Vollopfern und Power Rangers

Feministinnen als heulende Objekte und die DDR als gleichstellungstechnisches Glücksbärchiland – ein Kommentar zum „Barbie-Feminismus“.

Angriff auf die „Barbie-Feministin“. Die Hackordnung ist klar. Bild: dpa

Wenn eine Frau in einem Text sinngemäß schreibt: „Euer Feminismus ist doof, und ich bin cooler als ihr“, so wie Mirna Funk neulich im Freitag, dann wäre es nicht schön, nur zu antworten: „Möh, stimmt gar nicht, selber doof.“ Auch wenn die Versuchung groß ist.

Mirna Funk also. Sie hat die Titelgeschichte im letzten Freitag geschrieben: „Die Barbie-Feministinnen“. Ihr Urteil: „Alles, was aktuell unter dem Deckmantel einer Feminismusdebatte erörtert wird, ist für mich unemanzipiertes Geplänkel.“

Viele westdeutsche Frauen halten sich, so Funk, für „Vorzeigefeministinnen“, sind aber in Wirklichkeit weinerlich und von Männern abhängig: „Außen Feministin, innen Barbie.“ Mirna Funk dagegen kommt aus einem Land, „in dem die Gleichstellung von Mann und Frau ernsthaft gelebt wurde“: aus der DDR.

Nun muss man der armen Ossifrau vielleicht mal sagen, dass Barbie gar kein so verheultes Opfer ist. Barbie, mit vollem Namen Barbara Millicent Roberts, arbeitet als Chirurgin, Feuerwehrfrau, Pilotin und Friseurin, ist bei den Olympischen Spielen und der US-Präsidentschaftswahl angetreten, unterrichtet Spanisch und Gebärdensprache und hat es geschafft, über 50 Jahre alt zu werden, ohne anatomisch zum Atmen oder Aufrechtstehen fähig zu sein. Geile Sau eigentlich.

Alles eine Frage der Lässigkeit?

Aber zurück zum Feminismus. Funk schreibt, sie habe „ein tiefes Unwohlsein“ angesichts der „aktuellen Debatten, die sich mit Kindererziehung oder Sexismus beschäftigen“. Es gehe da um Fragen, die in ihrer Welt – Glücksbärchiland? – „längst beantwortet und ausgehandelt sind“.

Das ganze #Aufschrei-Ding zum Beispiel: Ein einziges „Spektakel“! „Ich hätte Herrn Brüderle eine Äußerung zu meinen Brüsten durchaus zugestanden. Ich hätte ihm liebevoll über sein lichtes Haupthaar gestreichelt und freundlich gesagt: ’So wird das doch nichts, Schnuppi!‘ “

Lässig, so lässig. Aber Emanzipation ist kein Wettbewerb, und schon gar keiner, den man gewinnt, indem man andere abwertet.

Das Problem der „Barbie-Feministinnen“ sieht Funk darin, dass sie sich zum Objekt statt zum Subjekt machen: Sie geben dem Mann die Schuld, wo sie doch selber was falsch gemacht haben. Und sie leugnen ihre Sexualität. Funk dagegen fährt einen alten Porsche, den sie ganz allein bezahlt hat.

Die Idee, dass Feministinnen nur rumheulen, keinen Sex haben, passiv und dämlich sind, ist nicht neu. Sie gründet unter anderem in dem schlichten Fehlschluss, dass Menschen, die Probleme anprangern, sich ausschließlich als Opfer sehen.

„Ein Subjekt weiß um die Komplexität des eigenen Seins“, schreibt Funk. Genau. Ein cooles Subjekt weiß allerdings auch um die Komplexität der Anderen. Niemand ist entweder nur Vollopfer oder nur Power Ranger. Alle sind irgendwo dazwischen. Sogar Wessis und FeministInnen.

Und zu Mirna Funks Idee, dass heutige Feministinnen so sein wollen wie Alice Schwarzer, ja, dass auch nur eine einzige in ihre Fußstapfen treten will … (Anm. d. Red.: Hier bricht der Text ab, da die Kolumnistin vor Lachen vom Stuhl gefallen ist.)

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Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff

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