Kolumne Gehts noch?: Die Frankfurt-Istanbul-Connection

Grundrechte? Nicht mit uns! Darin sind sich die hessischen Christdemokraten und der türkische Ministerpräsident Erdogan einig.

Frankfurt am Main: Demonstationsrecht vorübergehend aufgehoben Bild: dpa

Am vergangenen Wochenende haben die CDU und ihre Vollstrecker im Polizeipräsidium bzw. im Wiesbadener Innenministerium weit über zehntausend Bürgern und Bürgerinnen den Krieg erklärt. Die wollten in Frankfurt gegen die Zerstörung der Lebensgrundlagen von Millionen europäischer Bürger und gegen die verantwortlichen Banken, insbesondere die Europäische Zentralbank (EZB) demonstrieren. Sie wollten – aber sie durften nicht.

Es fand, wie schon ein Jahr zuvor in Frankfurt, eine Demontierung der demokratischen Versammlungsfreiheit statt. Und wieder wurde die Polizei zum Büttel (teils mit Schaum vorm Mund, aber auch mit Tränen der Ohnmacht in den Augen) der hessischen CDU-Machtclique und einer paranoiden Frankfurter Polizeiführung.

Kampfrobotern ähnelnd stürzten Einsatzgruppen aus Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg völlig grundlos in die bislang friedliche Demonstration hinein, trennten den sogenannten schwarzen Block (der bislang ziemlich bunt und auf jeden Fall friedlich war) von den anderen tausenden Demonstrationsteilnehmern, bildeten einen Kessel für 900 von ihnen, davon vielleicht 150 vermummt, prügelten und sprühten Pfefferspray, weil sich die Demonstranten nicht wie Lämmer zur Schlachtbank, d. h. Personalienfeststellung führen lassen wollten.

Die Beamten konnten hingegen sicher sein, niemals identifiziert zu werden, weil von Kopf bis Fuß schwarz oder grün vermummt.

Zur gleichen Zeit jubelten in Istanbul die Demonstranten von Occupy Gezi, weil sich die Polizei – sicher hemmungsloser und brutaler als in Frankfurt, aber immerhin nicht vermummt – zurückgezogen hatte.

Premierminister Erdogan denunzierte die Demonstranten als Chaoten. Und was sagte die hessische CDU (berüchtigt für schwarze Kassen und Psychiatrisierung kritischer Steuerfahnder) zu Frankfurt: „Potenziell gewaltbereite Chaoten.“

Und der parlamentarische Geschäftsführer der hessischen CDU aus dem noblem Hochtaunus-Wahlkreis dankte den Polizeikräften, dafür, dass sie Frankfurt und seine Bürger „vor größeren Schäden bewahrt haben.“ Die feierten übrigens, während die Polizei elementare Grundrechte missachtete, in der noblen Fressgass, zwei Kilometer weit entfernt, in Sichtweite der EZB, ein Weinfest.

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