Kolumne Fußball im Eishockeyland: Brückentage

Jacke weg, Internet weg, alles weg. Mama, ich will nach Hause. Oder 5.000 Kilometer Richung Westen fliegen, da gibt‘s noch Platz unter der Brücke.

Eine Brücke in Montréal

Brücken an Tagen mit Wolken in Montréal Foto: Doris Akrap

Erst klaut man mir bei der Fifa meinen Trenchcoat, dann „leiht“ sich die Tochter des Hotelbesitzers meine Trainingsjacke und „vergisst“ sie wieder zurückzubringen, dann geht das Internet kaputt, fliegen die Französinnen aus dem Turnier und es fängt an zu regnen. Es gibt so Tage!, versuchen die Kollegen mich aus der heimatlichen Sportredaktion nach meiner zweiten Mama-ich-will-wieder-nach-hause-Mail aufzumuntern.

Es gibt so Tage, an denen man plötzlich denkt, was man sonst nie denkt: dass woanders Kinder verhungern. Das sind Tage, an den man von Fußball, Frauen, WM, Flügeln, Flanken, Flaschen ganz absolut und für ganz und gar immer ganz und gar gar nichts mehr wissen will. Und an solchen Tagen macht man dann Fehler.

Man macht nicht wie sonst hier im Paris Kanadas einen großen Bogen um amerikanische Kaffee-, Restaurant- und Drogerieketten, sondern rennt kopflos in den nächstbesten Laden, um zwischen all dem Geschreibe und Gerenne schnell Tampons zu kaufen und dann fragt der Kassierer einen: „How is your day?“

Besch.... Aber es sind ja noch andere Frauen in der Stadt, denen geht es noch besch..... Eine davon treffe ich im Sheraton Hotel. Es ist Gaetane Thiney, die Französin, die in der 115. Minute die 258-prozentige Torchance gegen die Deutschen vergab. Als ich ihr mein tiefstes Mitgefühl ausspreche, lacht sie und sagt, dass sie heute einen lustigen Tag gehabt habe.

Wer sich in Sachen Frauenfußball und Fifa nicht hinters Licht führen lassen will, sollte vom 6. Juni bis zum 5. Juli 2015 unbedingt die taz lesen. Wir berichten täglich auf ein bis zwei Seiten nicht nur übers Geschehen auf dem Platz, sondern auch über Hintergründiges, Politisches, Schrilles und Schräges.

Gerade wegen des aktuellen Fifa-Skandals wollen wir genau auf diese WM schauen. Vor Ort macht das taz-Redakteurin Doris Akrap, in Berlin kümmern sich Johannes Kopp (Sportredakteur), Martin Krauss (Pauschalist), Ronny Müller (Volontär), Richard Noebel (Layout), Sebastian Raviol (Praktikant), Andreas Rüttenauer (Chefredakteur) und Markus Völker (Sportredakteur) um die Fußball-WM.

Ich will jetzt auch einen lustigen Tag haben. Wo kann ich hier irgendwo noch ne 258-Prozentige verschießen? Mal nach Unterkünften in der 5.000 Kilometer enfernen nächsten und letzten WM-Station in Kanada, der Westküstenstadt Vancouver suchen.

Seit 24 Stunden läuft die Suche nach Zimmern in der Pacific Time Zone unter 1000 Euro. Bisher wurde noch keins gefunden. Meine Zeitung hat mir versprochen, das sie mir den Schlafsack erstattet, den ich mir eventuell zulegen muss, falls es unter den Brücken im Westen nicht auch schon eng wird. Diese WM verspricht auf ihre letzten Tage noch sehr lustig zu werden.

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Seit 2012 Redakteurin | taz am Wochenende. Seit 2008 bei der taz als Meinungs, - Kultur-, Schwerpunkt- und Online-Redakteurin, Veranstaltungskuratorin, Kolumnistin, WM-Korrespondentin, Messenreporterin, Rezensentin und Autorin. Ansonsten ist ihr Typ vor allem als Moderatorin von Literatur-, Gesellschafts- und Politikpodien gefragt. Manche meinen, sie kann einfach moderieren. Sie meint: "Meinungen hab ich selbst genug." Sie hat Religions- und Kulturwissenschaften sowie Südosteuropäische Geschichte zu Ende studiert, ist Herausgeberin der „Jungle World“, war Redakteurin der „Sport-BZ“, Mitgründerin der Hate Poetry und Mitinitiatorin von #FreeDeniz. Sie hat diverse Petitionen unterschrieben, aber noch nie eine Lebensversicherung.

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