Kolumne ESC in Tel Aviv #5: Seltsame Madonna

Kommt sie oder kommt sie nicht? Kurz vor dem Eurovision Song Contest ist immer noch unklar, ob Madonna tatsächlich auftreten wird.

Madonna trägt bei einem Auftritt eine Augenklappe

Maluma und Madonna bei den Billboard Music Awards: kommt sie auch zum ESC? Foto: dpa

TEL AVIV taz | Im Februar ging das Gerücht erstmals um den digitalen Globus, dann wurden die Meldungen offizieller: Dass the one and only forever young grandmother Madonna („Like A Virgin“, „Frozen“, „American Pie“ und so viele andere Lieder) als Stargast beim 64. Eurovision Song Contest auftreten werde.

Nur wurde vermutet, dass sie auf ihre Art – vertraut mit kabbalistischen Mysterien und ihren literarischen Hinterlassenschaften – der antiisraelischen Dämonierungskampagne von BDS eine Art Counterstatement geben wollte. Die US-Amerikanerin allerdings, mittlerweile auch in Lissabon beheimatet, hat nie offiziell bestätigt, beim ESC als Interval Act, also zwischen den rivalisierenden Auftritten und der Punktevergabezeremonie, Material ihres demnächst erscheinenden neuen Albums vorzustellen.

Sinn machte ihr Ausflugsprojekt gen Israel dennoch: Sie soll eine Gage von einer Million Dollar von einem privaten US-Sponsor versprochen bekommen haben – und sie wäre bescheuert, wenn sie die Bühne mit ihren 150 Millionen Zuschauer:innen am Samstag nicht nutzen würde. Ihrem Kollegen Justin Timberlake hat die Performance beim ESC ja auch geholfen: 2016 war er Gast beim 61. ESC in Stockholm – und verkaufte hernach von seinen Tonträgern mehr als seine Marketingabteilung zu hoffen wagte.

Allein: die European Broadcasting Union hat für die entsprechenden Auftrittsverträge von Madonna noch keine Unterschrift bekommen – und genau deshalb hält Jon Ola Sand, ESC-Chairman bei der obersten europäischen TV- und Radiogesellschaft, auch Madonna noch für ein Gerücht. Er sagte: „Die Europäische Rundfunkunion (EBU) hat Madonna nie offiziell als Act bestätigt.“ Um anzufügen: „Wenn wir keinen unterschriebenen Vertrag haben, kann sie nicht auf unserer Bühne auftreten.“

Ein Pausensnack, keine volle Mahlzeit

Offiziell heißt es: „Es wurden keine endgültigen Entscheidungen getroffen oder Vereinbarungen unterzeichnet. Offizielle Nachrichten und Updates werden zu gegebener Zeit direkt von den Eurovisionskanälen kommen.“ Und inoffiziell darf man anfügen: In der Tel Aviver Arena im Convention Centre haben noch keine Proben von Madonna stattgefunden – sie ist im Zeitplan auch noch nicht terminiert.

Mittwoch soll sie mit 120 Leuten in Tel Aviv eintreffen – falls dies nicht der Fall sein sollte und käme sie nicht am Tag nach dem ersten Semifinale, würde ihr Auftritt storniert und alles war nur ein Supergag, eine passagere Marketingerscheinung, die nicht zur Materialisierung kommen konnte. Denn Bühnenprobenauftrittszeit ist knapp in Tel Aviv. Mittwoch beginnt die erste Generalprobe für das zweite Semifinale am darauffolgenden Donnerstag um 16 Uhr.

Die Wahrheit bleibt ungewiss, obwohl ihre Plattenfirma Universal vorige Wochen über sein israelisches Department Madonnas Einschweben in die Eurovisionssphären offiziell verkündete. Am Ende käme es auf sie ohnehin nicht an:Madonna selbst kann nicht größer sein als der ESC – sie wäre ein Pausensnack, keine volle Mahlzeit.

Allerdings wäre sie ein Überbrücker der ästhetisch größten Delikatesse: Schön, dass es noch solche Cliffhanger in Form von vertraglichen Vagheiten gibt.

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Postbote, Möbelverkäufer, Versicherungskartensortierer, Verlagskaufmann in spe, Zeitungsausträger, Autor und Säzzer verschiedener linker Medien, etwa "Arbeiterkampf" und "Moderne Zeiten", Volo bei der taz in Hamburg - seit 1996 in Berlin bei der taz, zunächst in der Meinungsredaktion, dann im Inlandsressort, schließlich Entwicklung und Aufbau des Wochenendmagazin taz mag von 1997 bis 2009. Seither Kurator des taz lab, des taz-Kongresses in Berlin, sonst mit Hingabe Autor und Interview besonders für die taz am Wochenende. Kurator des taz lab und des taz Talk. Interessen: Vergangenheitspolitik seit 1945, Popularkulturen aller Arten, besonders der Eurovision Song Contest, politische Analyse zu LGBTI*-Fragen sowie zu Fragen der Mittelschichtskritik. Er ist auch noch HSV-, inzwischen besonders RB Leipzig-Fan. Und er ist verheiratet seit 2011 mit dem Historiker Rainer Nicolaysen aus Hamburg.

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