Kolumne Der rote Faden: Fuck off, Ted Cruz

Willkommenskultur ist nicht mehr komfortabel, Martin Luther King so aktuell wie nie, New York disst Ted Cruz – und Dirk Nowitzki Donald Trump.

Donald Trump und Ted Cruz sind auf einer Bühne mit Rednerpulten zu sehen

Der bessere Donald? Dirk Nowitzki in seiner Trump-Parodie Screenshot: Dallas Mavericks/YouTube

„Der höchste Maßstab für einen Menschen ist nicht der Ort, wo er im Moment von Komfort und Bequemlichkeit steht, sondern wo er in Zeiten von Herausforderung und Kontroverse steht.“

Seit 1986 ist es immer der dritte Montag im Januar, an dem die USA eine ihrer wichtigsten Persönlichkeiten feiern: Martin Luther King. Es ist Botschafter John B. Emerson, der Kings Zitat aus dem Buch „Strength To Love“ aus dem Jahr 1963 in seiner Rede bei einem Empfang in Berlin anlässlich des „Martin Luther King Days“ nutzt, um an die Integrationsleistung der USA zu erinnern – aber auch an die Schwierigkeiten, die diese Aufgabe erfordert.

53 Jahre später bleiben Martin Luther Kings Worte aktuell. In Deutschland scheint die „Willkommenskultur“ seit den Übergriffen in Köln und Hamburg an Silvester und den daraus resultierenden Debatten Risse bekommen zu haben. Ist es eine „Komfortzone“, an Bahnhöfen Mützen und Tee an Flüchtlinge zu verteilen? Es ist zumindest leicht gelebte Willkommenskultur.

Köln scheint für den Fortgang der Flüchtlingspolitik ein Wendepunkt zu sein. Jetzt sind sie da, die Kontroversen und die Herausforderungen.

Wille zur Integration

Mit und in ihnen bleiben umfassende Hilfe bei und der Wille zur Integration das Richtige, das Wichtige. Genau wie die Auseinandersetzung mit denjenigen, die sexualisierte Gewalt als Instrument nutzen wollen, um falsche Zusammenhänge herzustellen und politische Ziele durchzudrücken.

Mehr als 50 Jahre nach Kings Tod ist es wohlfeil, zu glauben, Integration in den USA sei vollständig gelungen. Rassistische Polizeigewalt scheint einfach nicht zu enden, Millionen illegale Einwanderer leben im Schatten einer Gesellschaft, die dieses Problem ignoriert und in der nicht wenige Republikaner Einwanderung extrem einschränken möchten. Ihnen sind schon die geringen Zahlen an Flüchtlingen, die die USA überhaupt aufnehmen, ein Graus.

Die Geschichte des Einwanderungslands USA zeigt, dass Integration niemals etwas Abgeschlossenes ist. Es wird – in jedem Land – ein Prozess sein und läuft damit der Kurzfristigkeit von Politik mit Legislaturperioden und dem Zwang, das Machbare durchzusetzen, entgegen.

Barack Obama hat in dieser Woche seine letzte “State of the Union“-Rede gehalten, die große Ansprache an und zur Lage der Nation. Ein Jahr vor seinem Abschied aus dem Weißen Haus, hält er endlich wieder eine Rede wie in alten Zeiten: inspirierend, kämpferisch und, na klar, stolz. Das gehört zum Programm. Es ist der Entwurf für ein Amerika, wie Obama es sich erträumt: mit Bildung für alle, einer guten Gesundheitsversorgung und einer funktionierenden Einwanderungspolitik.

Wandel – change – ist immer möglich

Warum nur, fragt man sich, hat er diese Rede nicht viel früher gehalten? Hätten diese Visionen nicht seine zwei Amtszeiten prägen müssen? Doch so funktioniert Realpolitik nicht, der Alltag ist nicht voll von Visionen, sondern von Konflikten und Kompromissen mit dem Kongress. Gerade in einem Zweiparteiensystem wie in den USA ist die Lust an der Blockade doch oft größer als die Lust am Fortschritt.

Man kann Obama vorwerfen, dass er es nicht mehr versucht hat. Oder ihm für diese Rede applaudieren. Für diesen Moment voller Optimismus und den Glauben daran, dass Dinge gelingen können, das Wandel – change – immer möglich ist.

Keinem der Republikanischen Präsidentschaftskandidaten ist das zuzutrauen. Die jüngste TV-Debatte war dafür wieder blendendes Beispiel: Inhalte? Fehlanzeige. Donald Trump und Ted Cruz, die in Umfragen in Iowa, wo Anfang Februar die erste Vorwahl stattfindet, Kopf an Kopf liegen, gehen sich gegenseitig mit Nichtigkeiten an. Trump spricht Cruz, dem Evangelikalen, das Präsidiale ab, weil der in Kanada geboren wurde. Cruz kontert, Trump könne als New Yorker gar nicht konservativ sein.

„Dirk, making Dallas great“

Klar, es geht um den ersten wichtigen Sieg in den Vorwahlen, aber wer hätte gedacht, dass das Niveau überhaupt noch sinken kann. Das New Yorker Boulevardblatt Daily News titelt daraufhin “Drop Dead, Ted“ und zeigt Cruz die Freiheitsstatue mit gestrecktem Mittelfinger.

Ohne Ironie ist das republikanische Trauerspiel nicht mehr auszuhalten. Die lieferte jetzt der deutsche Basketballprofi Dirk Nowitzki. Mit blondem Toupet und tiefer Stimme parodiert er Trump in einem Spot für die Dallas Mavericks. „Dirk, making Dallas great“ ist der von Trump abgekupferte Slogan.

Es ist ein deutliches Zeichen, wenn es so weit gekommen ist, dass die Parodie in all ihrer Überzeichnung mehr Glaubwürdigkeit hat als das erschreckende Original. Obama, dem Basketballfan, dürfte das Video gut gefallen.

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Jahrgang 1980, studierte Journalistik und Amerikanistik an der Universität Leipzig und der Ohio University. Seit 2010 bei der taz, zunächst Chefin vom Dienst, seit Juli 2014 Leiterin von taz.de. Schreibt schwerpunktmäßig Geschichten aus den USA.

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