Kolumne Der Zuckerberg Teil 13: Facebook macht dicht

Wer hat sich denn die ganzen Daten gekrallt? Der neue Daten-Skandal sorgt für Empörung. Dabei gehört Facebook doch zu den Guten. Oder nicht?

Mann liegt auf einer Bank, neben ihm ein Notebook

Facebook macht Pause – endlich mal Zeit für die Natur Foto: imago/Westend61

Facebook. Ein alter Hut mit vielen bunten Federn. Angesichts der versammelten Pracht von Schreiadler, Vollmeise, Schluckspecht, Trollvogel sowie praktisch sämtlichen Kauzarten soll diese Serie für den nötigen Durchblick sorgen.

Wir schreiben den 22. März des Jahres 2018. Facebook geht nicht. Ein Feiertag für den Geist, ein Fest für die Sinne. Im Karton herrscht herrliche Ruhe. Auf einmal rieche ich den Frühling wieder und sehe die Pracht des unablässig fallenden Schnees. Ich kann mich wieder spüren, den Menschen, den Mann, das soziale Wesen. Auch mein Stuhl ist fest und verfügt über eine unbedenkliche Farbe.

Die Atempause verdanken wir der britischen Firma, die ein paar Jahre lang mithilfe simpler Apps ein paar Daten von ein paar Leuten gemopst hat, um damit ein paar Wahlen zu beeinflussen. Nicht weiter wild, doch bei Facebook ist man gewissenhaft. Nun wird alles repariert. Die Daten werden noch mal ordentlich festgeklebt, die Löcher im Netz geflickt und den Firmen ein allerletztes Mal erklärt, dass das so nicht geht: Niemand darf sich einfach Daten krallen. Also nur Facebook darf das, um alles zu verbessern, natürlich. Und für all diese Arbeiten muss das soziale Netzwerk eben vorübergehend stillgelegt werden. Wenn das Scheißhaus repariert wird, stellt der Klempner ja auch das Wasser ab.

Doch nicht jeder hat so viel Verständnis. Auf den Störungsseiten watet man durch knietiefe Verzweiflung. So demonstriert Userin „Anke“, was FB nicht nur mit der Sprache seiner Nutzer angerichtet hat: „Es ist zum Heulen es geht nichts uber Tablett Smartphon geht aber Windows aber Tablett android“.

Zugriff auf alles

Zwar sagen einige, die Daten könne praktisch jeder abschöpfen, der seinen PC auch nur um ein My kundiger zu nutzen weiß, als davorzusitzen und „Facebook geht nicht“ zu jammern, doch ich habe einen anderen Verdacht – schuld sind diese geilen Fragespiele: „Wenn du wie ein Land aussehen würdest, was wäre dann dein Lieblingsessen?“ Kann gut sein, dass genau das die Apps sind, mit denen die Fieslinge sich die Daten holen. Denn um am Spiel teilnehmen zu können, klicke ich jedes Mal „Zugriff erlauben > Auf alles > Immer“ an. Nur den Ordner mit den Nacktfotos und meine Passwortliste schicke ich extra – sicher ist sicher.

Natürlich bin ich trotzdem empört. Wie alle. Wir haben gedacht, die wollen die Menschen auf der ganzen Welt wider sämtliche Schranken wie Sprache, Religion, Klasse, mordsmäßige Entfernung sowie viel zu tiefes Wasser zueinanderführen. Damit alle sich liebhaben und es nie wieder Krieg gibt. Das ist schließlich Facebook und nicht irgendein Verbrechersyndikat à la NSA. Jetzt muss man plötzlich lesen, wie doll geflunkert wurde.

Doch die Auszeit tut gut. Nach dreiundsiebzig Sekunden wird mir dennoch langsam langweilig. Ich hab schon dreimal aus dem Fenster geguckt und einen ganzen Text geschrieben. Was soll ich denn jetzt machen?

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Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.

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