Kolumne Behelfsetikett: Der Traum einer Schönefelder Freiheit

Der BER wird nie und nimmer eröffnen. Und das soll er auch nicht! Denn man könnte so viele tolle Dinge auf diesem Gelände machen.

Der neue Hauptstadtflughafen BER, aufgenommen am 19.05.2017 in Schönefeld

Eine Pilzaufzuchtanlage, Weltraumraketen von hier abschießen oder blöde Caféketten auslagern – das Flughafengelände des BER ist ein Feld der unbegrenzten Möglichkeiten Foto: dpa

Das Volk hat gesprochen. Jetzt müssen alle damit leben. Ein anderes Volk ist ja auch nicht zur Hand. In Berlin ging es am vergangenen Wahlsonntag bekanntlich nicht nur um den Bundestag, sondern auch um die Offenhaltung des Flughafens Tegel. Monatelang wurde darüber gestritten, das Für und Wider abgewogen. Am Ende stimmten 56,1 Prozent der BerlinerInnen dafür, Tegel weiterzubetreiben.

Ich aber hatte meine Entscheidung schon längst getroffen – und die hat nichts mit Tegel zu tun, höchstens indirekt. Weil: Der BER wird nicht öffnen! Nie und nimmer und auch „keines schönen Tages“, wie man es so oft formuliert. Denn ich habe andere Pläne für den Standort am Rande Berlins. Und um das klarzustellen: Geflogen wird von und nach Berlin weiter. Tegel und auch Schönefeld, also der alte DDR-Flughafen, bleiben meinetwegen offen und dürfen (generalüberholt und aufgehübscht) bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag genutzt werden.

Was soll denn dann aber mit dem BER passieren? Nun, es bieten sich viele Szenarien einer weiteren Nutzung an. Der gesamte weitläufige Gebäudekomplex könnte zum Beispiel zur Pilzaufzuchtanlage umfunktioniert werden. Champignons aus Schönefeld! Das wär’s doch! Lokaler und regionaler ginge es nicht. Salatköpfe wären aber auch okay.

Aus dem BER ließe sich natürlich eine Filmkulisse zaubern – wobei sie das ja schon längst ist. Ein quasi fertiger Flughafen wäre ein ideales Setting für Liebesfilme (Abschieds- und Willkommensszenen) oder Katastrophenfilme (das müssen Sie sich jetzt leider selbst ausmalen). Drin wären Actionfilme (wilde Verfolgungsjagden) und typische Berlinfilme (dann aber müsste die Requisite aus einigen Imbissläden Spätis machen). Denk- und machbar wäre zudem die ultimative RBB-Endlosfernsehserie über einen florierenden Flughafen in Berlin. Das ergäbe dann die perfekte Scheinwelt in einem scheinbar funktionierenden Flughafen.

Oder Weltraumraketen!

Eine andere Idee: Einfach das ganze Areal der Bundeswehr oder noch besser dem Bundesgrenzschutz oder sonst einer Eliteeinheit zur Verfügung stellen – der Bund hat ja hier eh schon Abermillionen investiert. Hier ließe sich die Terroristenbekämpfung oder was auch immer authentisch proben. Okay, die Gebäude würden sicher bald Schäden davontragen und die Start- und Landebahnen von Panzerketten zerbröselt werden. Aber na ja, nix hält ewig. Und den BER haben wir ja ohnehin längst abgeschrieben.

Oder könnte das Gelände nicht flugs zur Abschussrampe von Weltraumraketen umgebaut werden? Das käme der ursprünglichen Nutzungsidee ja auch am nächsten: der BER als Raumfahrtbahnhof.

Man könnte das Ganze aber auch aufwerten und alle ausländischen Botschaften hier unterbringen. Denn dann wären auf einen Schlag viele Villen und andere Gebäude im gesamten Stadtgebiet frei und könnten einer anderen Nutzung zugeführt werden. Wohnungen braucht Berlin doch wie sonst nichts.

Alternativ ließen sich aber auch alle Möbelläden dort zwangsplatzieren. Oder von mir aus die Autohäuser. Oder noch lieber alle großen Kaffeekettenläden (und vor allem die kleinen hippen, die kalt gebrauten Kaffee als neuen heißen Scheiß verhökern – alle anderen Cafés dürften bleiben).

Na ja, in Zeiten von immer weiter verdichteter Stadt könnte man das Ganze aber auch einfach der Natur überlassen. Die ist nämlich gut darin, menschliche Bausünden mit ihrem Grün zu überwuchern. Und schnell dabei. Hase und Fuchs, Elch und Wolf wären hier am Rande Berlins, schon auf Brandenburger Land, auch zur Hand. Und natürlich ließe sich hier eine riesige Kleingartenanlage samt Gemeinschaftsgärten etablieren. Oder ein zweites Tempelhofer Feld, also ein Schönefelder Feld – eine Schönefelder Freiheit. Ach, das wäre doch wirklich echt schön.

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In der DDR geboren, in Westmecklenburg aufgewachsen, Stahlschiffbauer (weil Familientradition) gelernt, 1992 nach Berlin gezogen, dort und in London Kulturwissenschaften studiert, 1995 erster Text für die taz, seit 2014 im Lokalteil Berlin als Chef vom Dienst und Redakteur für Kulturpolitik & Queeres.

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