Koalition streitet um Renten-Reform: Die Rente ist unsicher

Am Sonntag will die schwarz-gelbe Koalition große Kompromisse schmieden. In der Rentenfrage hat jede Partei ihre und die CDU gleich mehrere.

Die Debatte der Koalition werden viele interessierte Köpfe verfolgen. Bild: dapd

BERLIN taz | Sonntagabend wollen Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Philipp Rösler (FDP) zentrale Konflikte der Koalition abräumen. Doch beim kompliziertesten Thema, der Rentenpolitik, ist sich nicht einmal die CDU einig. „Wir hatten uns angenähert, dann wurde in der letzten Sitzung der Renten-Arbeitsgruppe wieder alles fraglich. Jetzt müssen es die Parteivorsitzenden vorgeben“, sagte Peter Weiß, Vorsitzender der Arbeitnehmergruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zur taz.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kämpft nach wie vor für ihre Zuschussrente. Tapfer dementierte sie Berichte, nach denen sie eingeknickt sei. Von der Leyen will die Grundsicherung im Alter von im Schnitt 688 Euro unter bestimmten Bedingungen auf maximal 850 Euro aufstocken.

Doch längst hat ihr der Arbeitnehmerflügel den Rang abgelaufen. Die Christlich Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) will die Rente nach Mindestentgeltpunkten, die es bis 1992 schon einmal gab, modifiziert wieder einführen. Danach würden die Rentenbeiträge von Menschen, die lange sozialversicherungspflichtig für niedrige Löhne gearbeitet haben, aufgewertet. Im besten, aber wohl seltenen Fall käme ein Niedrigverdiener nach 40 Beitragsjahren im Westen auf 842 Euro Rente.

Von der Leyen hat sich deswegen aufs Kapern verlegt. „Das Prinzip der Zuschussrente ist das Prinzip der Rente nach Mindestentgeltpunkten. Die sind identisch“, sagte sie vor ein paar Tagen. Sie muss retten, was zu retten ist. Auch die jungen Abgeordneten in der CDU sowie der Wirtschaftsflügel haben sich mit dem CDA-Vorschlag angefreundet.

Tatsächlich haben die Konzepte viel gemeinsam. Der größte Unterschied ist, dass von der Leyen Geringverdiener mit Kindern, also vor allem Frauen, die Teilzeit arbeiten, bevorteilen will. Wohl auch deshalb wetterte CDA-Chef Karl-Josef Laumann vergangene Woche über „Sozialismus am unteren Ende des Arbeitsmarktes“.

Von der Leyen will zudem, dass nur die Geringverdiener eine Zuschussrente bekommen, die jahrelang privat für das Alter vorgesorgt haben. Für die CDA kommt das nicht in Frage. Offen blieb bis zuletzt auch, nach wie vielen Beitragsjahren man Anspruch auf einen Rentenzuschlag hat.

„Im Versicherungssystem nichts zu suchen“

Die CSU hält von alldem nichts. „Wir lehnen beide Vorschläge ab. Ich sehe das Problem grassierender Altersarmut in der Zukunft, das die Arbeitsministerin aufzeichnet, in keinster Weise“, sagte Max Straubinger, sozialpolitischer Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, zur taz. Er lehnt zudem die Einkommensprüfung – auch des Partners – ab, die die CDA vorsieht. So soll verhindert werden, dass die oft bemühte Zahnarztgattin, die Teilzeit arbeitet, einen Zuschlag erhält. „Eine Einkommensprüfung hat im Versicherungssystem nichts zu suchen. Sonst degradiert man es zum Fürsorgesystem.“

Die CSU streitet stattdessen mit den CDU-Frauen für eine Angleichung der Kindererziehungszeiten in der Rente. Frauen, die ein Kind vor 1992 bekamen, erhalten einen Entgeltpunkt in der Rentenkasse. Frauen, die ab 1992 Mutter wurden, hingegen drei Entgeltpunkte. Das bedeutet für sie im Osten immerhin 50 Euro Rente mehr im Monat, im Westen 56 Euro. Eine Reform könnte bis 2030 mindestens 4 Milliarden Euro kosten.

Bleiben die Liberalen. Sie wollen keine Reform in der gesetzlichen Rentenversicherung. Sondern den Niedrigverdienern, die im Alter in der Grundsicherung landen, mindestens 100 Euro aus ihrer privaten Altersvorsorge lassen. Bisher werden die Erträge, sofern überhaupt vorhanden, auf die Sozialleistung angerechnet. „Wir wollen mehr Geringverdiener dazu anregen, privat vorzusorgen“, sagt FDP-Sozialexperte Heinrich Kolb. Die jungen CDU-Abgeordneten wissen die Liberalen dabei an ihrer Seite.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir alles machen“, sagt Weiß zum großen Wunschpaket. Es würde bis 2030 mindestens 10 Milliarden Euro kosten. Und da kommt Wolfgang Schäuble (CDU) ins Spiel. Der Finanzminister ist am Sonntag nicht dabei, er weilt in Mexiko. Eine Begründung für ein erneutes Scheitern in der Rentenfrage ist also zur Hand.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.