Koalition in Niedersachsen: Harmonisch in die erste Runde

Niedersachsens SPD und Grüne starten betont einig in die erste Koalitionsrunde. Druck machen hingegen Bürgerinitiativen, Lehrer- und Elternverbände von außen.

Gerhard Schröder und Jürgen Trittin 1990 als Köpfe des ersten rot-grünen Bündnisses in Niedersachsen. Bild: dpa

HANNOVER taz | Am heutigen Freitag beginnt Niedersachsens designierte rot-grüne Landesregierung mit ihren Koalitionsverhandlungen. Schon zehn Tage später wollen die Verhandlungsführer von SPD und Grünen nicht nur die Inhalte ihrer gemeinsamen Regierungsarbeit für die nächsten fünf Jahre geklärt haben, auch die Personalien sollen stehen. Beschließen sollen die Parteibasen den Koalitionsvertrag dann am 16. Februar.

Ein straffer Zeitplan, das sehen auch die Parteispitzen selbst: Von einem „Kunststück“ spricht Grünen-Spitzenkandidatin Anja Piel. „Wir sind uns einig, dass wir uns einig sein müssen“, sagt Niedersachsens designierter SPD-Ministerpräsident Stephan Weil. Entsprechend mühen sich Grüne wie Sozialdemokraten dieser Tage, betont harmonisch zu wirken.

Nichts dringt aus den Reihen von Rot-Grün nach außen, wo zehn Facharbeitsgruppen die offiziellen Koalitionsrunden schon seit einer Woche vorbereiten. Über mögliche Konfliktpunkte oder gar Personalien spricht man derzeit lieber nicht öffentlich.

Erst die Inhalte, dann der Finanzcheck und zuletzt die Personen, ist die offizielle Devise, nach der verhandelt werden soll. „Am Ende kommt das, was uns am wenigsten interessiert“, erklärte selbst Weil zwischenzeitlich. Dabei hatte er noch vor Monaten seinen Wahlkampf damit eingeläutet, dass er nach und nach für jedes der neun Ressorts SPD-SchattenministerInnen vorgestellt hat.

Die gilt es nun zu versorgen – und zugleich den künftigen Partner nicht zu verprellen. So gut wie sicher ist, dass die Grünen mit einem Wahlergebnis von fast 14 Prozent drei Ressorts bekommen werden. Im Gespräch sind Umwelt, Kultus, Soziales oder Agrar. Große Zerwürfnisse kann man sich beim Aushandeln der Posten nicht erlauben: Rot-Grün hat im Landtag nur eine Stimme Mehrheit – die wird gebraucht, wenn Weil am 19. Februar in geheimer Abstimmung zum Ministerpräsidenten gewählt werden soll.

Wo Knackpunkte liegen, bekommen SPD und Grüne unterdessen bei ihrer ersten Koalitionsrunde am Freitag von außen serviert: Ein Protestpapier wird eine Delegation der Bürgerinitiativen gegen die geplante A 39 den Verhandlungsführern in Hannover überreichen. Während die SPD den Autobahnneubau zwischen Wolfsburg und Lüneburg befürwortet, haben die Grünen bislang Seite an Seite mit den Initiativen dagegen gekämpft.

Alarm schlagen rund um die rot-grünen Verhandlungen aber nicht nur Autobahngegner: Niedersachsens Agrarlobby bangt ohnehin längst vor einem grünen Landwirtschaftsminister. Lehrer- und Elternverbände fürchten Chaos in Niedersachsens Schulen, wo SPD und Grüne die Einführung des Turboabiturs rückgängig machen wollen.

Auch die Abschaffung des Sitzenbleibens, die sich beide Parteien ins Wahlprogramm geschrieben haben, löst schon Protest aus, bevor sie überhaupt konkret geplant ist: Rot-Grün hebe die „staatlich gesetzten Leistungsanforderungen de facto auf“ und verordne den Schulen „Gefälligkeitspädagogik“, heißt es vom Philologenverband. Die FDP sieht gar bereits die „Aushöhlung des Gymnasiums“ beginnen.

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