Kneipenabend mit Gysi und Sonneborn: „Ich rate zu Bier”

Wenn Satire auf Politik trifft, kann es amüsant werden. Muss es aber nicht. Nicht einmal, wenn sich Gregor Gysi mit Martin Sonneborn auf ein Bier trifft.

Am Ende stoßen sie an – froh, dass es vorbei ist: Gregor Gysi und Martin Sonneborn. Bild: paul wrusch

BERLIN taz | Eine Bar in Berlin, Donnerstagsabend. 40 Menschen sitzen rauchend, plaudernd, Bier trinkend auf 70er-Jahre Sofas. Nur die Scheinwerfer und Kameras lassen erkennen, dass das hier kein normaler Kneipenabend ist. Die Gäste warten. Auf zwei Spitzenpolitiker. Gregor Gysi und Martin Sonneborn. Der Fraktionschef der Linkspartei im Bundestag trifft den Parteichef der Satirepartei „Die Partei“ zum Bierplausch am Tresen.

Initiiert hatte den Abend ein loser Zusammenschluss einiger Mitglieder beider Parteien in Berlin-Treptow, der „Ausnahmekader 47“ (AK47). Eine Stunde an der Bar, mit Bier und Schnaps, spontan, ohne Absprachen. Die Ausgangslage ist vielversprechend. Es soll an Dittsche erinnern, an Inas Nacht.

Nicht also der Moment zählt an diesem Abend, sondern das Ergebnis: ein Video, wenige Minuten, das beide Parteien am Sonntag auf ihren Webseiten veröffentlichen werden.

Martin Sonneborn sitzt auf einem Barhocker, dessen Beine mit einer Kreissäge kurz zvor gut 30 Zentimeter gestutzt wurden. Der Größenunterschied zu Gysi macht sich nicht gut im Bewegbild. „Jetzt habe ich doch Bammel, und weiß gar nicht, wie ich das aushalten soll“, sagt Gysi. Er ist nervös. „Ich rate zu Bier“, sagt Sonneborn. „Ihre Partei ist ja jünger als wir, eigentlich hätten Sie mich einladen müssen.“

Politiker wollen Kontrolle

Gysi erzählt, dass er mehrmals von Mitgliedern von „Die Partei“ angesprochen wurde, erst beim dritten Mal habe er zugesagt. Er wollte sich auf den unvorhersehbaren Abend zunächst nicht einlassen. Verständlich. Politiker wollen Kontrolle, wollen wissen, was sie erwartet. Experimente wagen sie nicht so gern.

„Warum haben Sie eigentlich „Die Partei“ gegründet?"

„Weil es die Linkspartei damals noch nicht gab und wir nicht wussten, wen wir wählen sollen.“

Es sind kurze Momente, die Witz versprühen. Doch Gysi verfällt in die Rolle des Interviewers, stellt Sonneborn eine Frage nach der nächsten. Die Situation ist dem Profipolitiker unangenehm. Und Sonneborn lässt ihn immer wieder auflaufen, wirkt wenig interessiert.

Gysi fragt nach dem Programm der Partei, nach Sonneborns Herkunft, Satire in Deutschland. Das Gespräch kommt kaum in Fahrt. Es entstehen peinliche Pausen, Sonneborn blockt ab.

Sonneborn blockt Gysi ab

„Ich trinke ja schneller als Sie und Sie haben nicht einmal Alkohol im Bier, Sie wollen mich doch betrunken machen“, beschwert sich Gysi.

Wenn beide nicht weiter wissen, erzählen Sie Geschichten. Sonnenborn die vom Wahlerfolg seiner Partei in Lübeck, wo ein Kandidat im Mai das erste Partei-Mandat errungen hat. Gysi von dem veränderten Alkoholkonsum im Osten Deutschlands. Und immer wieder kommt er auf Satire zurück, ohne zu merken, dass Sonneborn seine Fragen eiskalt abblockt.

Nach 40 Minuten will Gysi flüchten, fragt den Regisseur, ob man nicht mal aufhören könne, so dämlich zu quatschen. Doch der winkt ab. „So wir trinken jetzt noch einen und dann verabschieden wir uns. Es war sensationell“, sagt Gysi.

„Ich will aber noch ein wenig über Politik reden“, erwidert Sonneborn. Gysi blättert durchs Wahlprogramm der „Partei“. „Und damit hat der Bundeswahlleiter Sie zugelassen?“

„Dessen Aufgabe ist es ja nicht, Inhalte von Wahlprogrammen zu bewerten, dann hätten Sie es auch schwer“. Sonneborn punktet, immer wieder. Gysi – der sonst jede Talkshow als Sieger verlässt – hat heute keine Chance gegen den ehemaligen Chefredakteur der Satire-Zeitschrift Titanic. Nach einer knappen Stunde hat Gysi es überstanden. Bevor er geht, sagt er. „War doch nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte“.

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