Klimaskeptiker über Erderwärmung: „Hurrikane gab es schon immer“

Myron Ebell hält Maßnahmen gegen den Klimawandel für total wertlos und ruinös teuer. Wir unterziehen seine Thesen einem Faktencheck.

Ein kaputtes Haus inmitten von zerstörten Wäldern

Das Klimasystem gilt nicht nur als chaotisch, es erzeugt euch Chaos Foto: ap

taz: Mr Ebell, werden die Hurrikanes „Harvey“ und „Irma“ die Klimadebatte in den Vereinigten Staaten verändern?

Myron Ebell: Ich glaube nicht. Hurrikane gab es schon, bevor Menschen nach Amerika kamen, und sie werden auch nach der Klimawandel-Mode noch da sein. Die gute Nachricht ist, dass bessere Vorhersagen, Infrastruktur und Vorbereitungen die Opfer und Schadenszahlen verringert haben. Galveston in Texas wurde 1900 von einem Hurrikan zerstört, von 36.000 Menschen wurden mehr als 6.000 getötet. Wir werden immer widerstandsfähiger.

Den Faktencheck zu dieser Antwort finden Sie hier.

Sie zitieren den UN-Klimarat IPCC damit, er habe wenig Vertrauen in die Vorhersage von Sturmstärken, Sturmdauer und menschlichen Einfluss darauf. Aber der gleiche Bericht warnt vor einem „wahrscheinlichen Anstieg maximaler Windgeschwindigkeiten und Regenfälle“ und einem „Anstieg der intensivsten Stürme in einigen Regionen“. Das ist doch genau das, was wir bei „Harvey“ und „Irma“ sehen.

Es gibt nicht viel Unterstützung in der Hurrikane-Literatur, die das stützt, und ziemlich viel, was in die Gegenrichtung geht. Das IPCC versucht sein Bestes, um die negativen Folgen des Klimawandels herauszustellen. Deshalb habe ich zitiert, dass sie selbst wenig Vertrauen in Vorhersagen haben.

Den Faktencheck zu dieser Antwort finden Sie hier.

, Jahrgang 1953, ist Direktor des „Zentrums für Energie und Umwelt“ am konservativen Thinktank Competitive Enterprise Institute in Washington DC.

Der heftige Regen während „Harvey“ und „Irma“ passt genau in die Warnungen der Klimawissenschaften, die auf einem Grundsatz der Physik beruhen: Wärmere Ozeane und wärme Luft führen zu mehr Feuchtigkeit und Regen.

Wie Judith Curry in ihrem Blog ausführt, hat sich „Irma“ im Atlantik gebildet, wo die Wassertemperatur 26,5 Grad war. Als Daumenregel gilt aber, dass große Hurrikane sich dort formen, wo das Wasser mehr als 28,5 Grad hat. Also war der Ozean nicht besonders warm. Und zu „Harvey“: Es gibt keinen Niederschlagstrend für die Region von Houston in der Hurrikan-Saison.

Den Faktencheck zu dieser Antwort finden Sie hier.

Scott Pruitt, Chef der EPA, wehrt sich dagegen, jetzt über die Ursachen der Hurrikane zu reden. Aber ist es nicht logisch, über die Ursachen von Katastrophen zu sprechen, um sie zu verhindern?

Ja, und deshalb erweist es sich als Bärendienst, wenn man zerstörerische Hurrikane mit der globalen Erwärmung in Verbindung bringt. Das lenkt die Diskussion von den wirklichen Problemen ab.

Warum ist die Meteorologie in den USA so politisiert?

Eine große Frage. Ich denke, die Klimawissenschaften werden ein politisches Thema bleiben, solange die Klima-Alarmisten weiter Politiken vorantreiben, die total wertlos, aber rui­nös teuer sind. Und solange die Wissenschaftler, die sie unterstützen, sagen: Vertraut uns! Die Konsequenzen dieser Entscheidungen sind so folgenschwer, dass wir unabhängige Bestätigung brauchen. Die Zusammenfassung des 3. IPCC-Berichts sagt, das Klimasystem sei ein nicht­lineares chaotisches System und „daher ist die Langzeit-Vorhersage von Klimazuständen nicht möglich“. Diese Aussage ist kategorisch und wird nicht qualifiziert. Haben Sie je gehört, dass Klimaforscher zugeben, dass ihre Modelle nicht von der Wirklichkeit bestätigt werden?

Den Faktencheck zu dieser Antwort finden Sie hier.

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Das Interview oben ist schriftlich geführt worden. Myron Ebell gehört zu den einflussreichsten Leugnern eines menschengemachten Klimawandels. Der Ökonom organisierte für US-Präsident Donald Trump den Umbau der Umweltbehörde EPA, die seitdem ihre Informationen zum Klimawandel drastisch eingeschränkt hat. Die taz nimmt sich seine Antworten hier in einem Faktencheck vor.

1.

Hurrikanes hat es immer gegeben. Aber sie brechen derzeit nach Angaben des US-Atmosphärenwissenschaftlers Kerry Emanuel vom MIT alle Rekorde: Katrina 2005 schob die größte Sturmflut der US-Geschichte vor sich her, Sandy hatte 2012 den größten Durchmesser aller atlantischen Stürme, Haiyan brachte 2013 auf den Phillippinen die höchsten Windgeschwindigkeiten der Geschichte. Harvey brachte mehr Regen als jeder Hurrikane zuvor, Irma hielt ihre Kraft als Kategorie-5-Hurrikane länger als je ein Sturm zuvor.

2.

Es gibt in der Fachwelt dazu sehr viel Literatur. Der Vorwurf, das IPCC sei alarmistisch, ist alt, aber kaum zu halten. Die Aussagen zum Meeresspiegel-Anstieg mussten IPCC-Wissenschaftler nach oben korrigieren.

3.

Hurrikane bilden sich ab 26,5 Grad Wassertemperatur. Die 28,5 Grad habe er noch nicht gehört, sagt Uwe Ulbrich, Sturmexperte am Institut für Meteorologie der FU Berlin. Temperaturen im westlichen tropischen Atlantik seien 2017 sehr wohl erhöht. Ein möglicher Trend zu Regen in Houston ist unwichtig, wenn es wie hier um ein spezielles Extremereignis geht. Auf die physikalische Grundfrage (mehr Wärme = mehr Regen) geht Ebell nicht ein.

4.

Für Ebell und die Klimawandel-Leugner ist klar, dass die 97 Prozent der Wissenschaftler, die die IPCC-Berichte mittragen, „die Alarmisten unterstützen“ und nicht unabhängig sein können. Deshalb will Ebell andere „unabhängige Bestätigung“ – gern von angeblichen Experten, die keine Klimawissenschaftler sind, sich den Regeln der wissenschaftlichen Selbstkontrolle nicht unterwerfen oder von fossilen Lobbygruppen finanziert werden. Das Zitat des IPCC Berichts von 2001 (!) ist keine allgemeine Aussage über Modelle, sondern eine Kritik an der damaligen Rechenmethode, und sie wird im Bericht sehr wohl qualifiziert. Im Original wenden sich die Autoren nur dagegen, „exakte“ Klimazustände zu erwarten. „Die damals geforderten Ensemble-Simulationen mit der entsprechenden Angabe der Unsicherheitsmargen sind in den folgenden IPCC-Berichten tatsächlich der Standard geworden“, sagt Stefan Rahmstorf, Ozeanograf am Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung PIK.

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