Klimaschutz-Demo findet jähes Ende: Lernziel verfehlt

Schüler*innen wollten am Freitag vor dem Hamburger Rathaus für mehr Klimaschutz protestieren. Doch ehe es los ging, kassierte ihre Lehrerin eine Anzeige.

Bunte Demo-Plakate einer Klimaschutz-Demonstration in Stuttgart.

Immer freitags demonstrieren Schüler*innen für eine bessere Klimapolitik – auch in Hamburg Foto: dpa

HAMBURG taz | So wie es Tausende machten, wollten auch etwa 15 Schüler*innen einer Hamburger Schule am Freitag für den Klimaschutz demonstrieren. Die Achtklässer*innen hatten Plakate gemalt. „Wenn Kohlestrom die Lösung ist, wollen wir das Problem zurück“ und „Klimaschutz statt Kohleschmutz“ stand darauf. Ihre Lehrerin begleitete sie zum Rathaus.

Seit Wochen gehen SchülerInnen in Europa für den Umweltschutz auf die Straße. Angefangen mit den „Fridays for Future“ hat die 16-jährige Greta Thunberg, die sich im August 2018 erstmals vor das schwedische Parlament setzte, statt zur Schule zu gehen. In Deutschland ist eine Debatte entbrannt, ob es legitim ist, den Unterricht ausfallen zu lassen, um für eine bessere Zukunft zu protestieren.

Wirklich demonstrieren konnten die Hamburger Schüler*innen am Freitag nicht, wie ihre Lehrerin auf taz-Anfrage bestätigte. „Wir waren gerade erst angekommen, da kam schon eine Polizistin auf uns zu“, erzählt die Lehrerin, die anonym bleiben möchte. Die Polizistin stellte Strafanzeige wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und das Bannkreisgesetz.

Sie habe im Unterricht mit den Schüler*innen über die Grundrechte und das Demonstrationsrecht diskutiert, sagt die Lehrerin. „Wir haben auch über Greta Thunberg und die Problematik mit dem Schulfrei fürs Demonstrieren gesprochen.“ Die Schüler*innen hätten dann gefragt, ob sie bei den „Fridays for Future“ mitmachen könnten. „Ich fand es gut, dass sie Engagement und politisches Interesse zeigen“, sagt sie. Deshalb habe sie sie dabei unterstützt, auch wenn Freitag eigentlich ihr freier Tag war.

Laut Artikel 8 des Grundgesetzes haben alle Deutschen das Recht, „sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln“.

Das Versammlungsgesetz beschränkt dieses Recht und regelt die Einzelheiten. So müssen Demos 48 Stunden im Voraus bei der Behörde angemeldet werden.

Bei Spontanversammlungen, die sich aus einem aktuellen Anlass bilden, entfällt die Anmeldepflicht.

In Bannkreisen, oder auch Bannmeilen, sind Versammlungen nur in Ausnahmefällen erlaubt. In Hamburg entscheidet das die Präsidentin der Bürgerschaft.

Sie habe erwartet, dass bereits Schüler*innen vor dem Rathaus demonstrieren würden und sie sich mit ihrer Klasse anschließen könnte, sagt die Lehrerin. Auch andere Lehrer*innen hätten dort schon mit ihren Klassen an den „Fridays for future“ teilgenommen, ohne eine Kundgebung anzumelden. „Wir wären auch sofort woanders hingegangen“, beteuert die Lehrerin. Die Polizistin habe aber auf eine Anzeige bestanden.

Die Polizei bestätigt den Vorfall. „Die vor Ort befindliche Rathausstreife hat die nicht angemeldete Versammlung bemerkt“, sagte ein Polizeisprecher zur taz. Gegen die Leiterin sei Strafanzeige gestellt worden. „Ich respektiere die Arbeit der Polizisten und dass sie ihren Anordnungen folgen müssen“, sagt die Lehrerin. Trotzdem bedaure sie das Vorgehen der Polizei.

Norbert Hackbusch, Bürgerschaftsabgeordneter der Linken, sah die Gruppe am Freitagmorgen. Dass die Lehrerin angezeigt wurde, erfuhr er erst im Nachhinein. „Das war eine vorbildliche Aktion der Lehrerin und eine völlig unangemessene Reaktion der Polizei“, sagt Hackbusch. Er findet, Schulsenator Ties Raabe (SPD) sollte dafür sorgen, dass der Fall geklärt werde.

Dass Raabe bei der Polizei Einfluss geltend machen kann, ist fraglich. Und die Schulbehörde vertritt die Meinung, dass die Schüler*innen außerhalb der Schulzeit „ihr Anliegen in die Gesellschaft hinein“ tragen sollten.

Schleswig-Holstein ist da deutlich weiter. Ebenfalls am Freitag hat der Landtag die „Fridays for Future“-Demonstrationen als gelebte politische Bildung anerkannt.

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