Klaus Ernst über Ost- und Westlinke: „Es geht nur gemeinsam“

Vor der Fraktionsklausur der Linkspartei appelliert Ex-Parteichef Klaus Ernst an Gemeinsamkeiten zwischen den Fraktionen in Ost und West.

Wann schließen Ost- und Westlinke Frieden? Bild: dpa

taz: Herr Ernst, Gregor Gysi hat mal gesagt, dass es in der Bundestagsfraktion Hass gab. Und in der Fraktion, die sich am Dienstag zur Klausur trifft?

Klaus Ernst: Alle haben begriffen, dass es nur gemeinsam geht. Wir wären weder im Osten noch im Westen allein über die Fünfprozenthürde gekommen. Im Osten hatten wir 4 Prozent, im Westen 4,6 Prozent. Diese Gemeinsamkeit muss bei der Zusammensetzung der Fraktionsspitze berücksichtigt werden.

Herrscht in der Fraktion zwischen Ost und West Friede oder nur Waffenstillstand?

Es gibt die Einsicht, dass man sich braucht. Und dass man inhaltlich weitgehend einig ist.

Die Linkspartei hat bei den Bundestagwahlen bei Gewerkschaftern viel verloren. Warum?

Wir müssen stärker deutlich machen, dass wir auch die Interessen der Facharbeiter und mittleren Angestellten vertreten, die nicht von einem Mindestlohn profitieren würden. Wir fordern ja am deutlichsten die Regulierung des Arbeitsmarktes, wie das Verbot der Leiharbeit und weniger befristete Beschäftigung.

58, war von 2010 bis 2012 Co-Chef der Linkspartei. Er hat die WASG mitbegründet und zählt zum Gewerkschaftsflügel der Linkspartei. Im Wahlkampf 2013 war er einer von acht Spitzenkandidaten.

Das hatte die SPD teilweise übernommen und damit bei Gewerkschaften gepunktet.

Die SPD hat das halbherzig übernommen. Wir sind das Original, die anderen schreiben bei uns ab. Nicht zu vergessen, dass die SPD selbst den Arbeitsmarkt dereguliert hat.

Hat die SPD nicht aus ihren Fehlern gelernt?

Sie hat einen Agenda-Mann zum Spitzenkandidaten gemacht. Lernen geht anders.

Die Linkspartei hat auch viele Wähler an die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) verloren. Muss die Partei sich also eurokritischer aufstellen?

Wir sind für ein gemeinsames Europa, aber kritisch zur Politik der Bundesregierung. Wir wollen nicht, dass mit deutschen Steuergeldern per Rettungspaket Banken finanziert werden. Das Verursacherprinzip muss gelten.

Lafontaine will eine Auflösung des Euro. Soll sich Ihre Partei dies zu eigen machen?

Nein. Lafontaine hat darauf hingewiesen, dass es drei Lösungen für die Eurokrise gibt. Entweder die südlichen EU-Länder senken drastisch Löhne und Sozialleistungen und sparen sich kaputt. Das passiert derzeit. Oder wir erhöhen deutlich Löhne und Sozialleistungen, um zu ausgeglichenen Handelsbilanzen beizutragen. Das wollen wir. Gelingt dies nicht, bliebe den einzelnen Ländern nur die Möglichkeit, mit Abwertungen auf Handelsungleichgewichte zu reagieren.

Das wäre das Ende des Euro.

Das will niemand, aber das kann eine Konsequenz sein, wenn wir das Problem des deutschen Exportüberschusses nicht anders in den Griff bekommen.

Sie halten das Ende des Euro für eine akzeptable Möglichkeit?

Die Frage ist nicht, ob ich das für akzeptabel halte. Der Satz des Stabilitätsgesetzes, dass ausgeglichene Handelsbilanzen Ziel deutscher Wirtschaftspolitik sind, muss wieder gelten. Sonst wird der Euro noch stärker unter Druck geraten.

Ist das Verhältnis zur SPD besser oder schlechter als 2009?

Eher besser. Die SPD scheint ja endlich zu begreifen, dass sie nur mit Rot-Rot-Grün je wieder den Kanzler stellen wird. Schließt die SPD Rot-Rot-Grün weiter aus, können sie auf einen Kanzlerkandidaten verzichten. Dann reicht ein Vizekanzlerkandidat.

Wenn Rot-Rot-Grün 2017 realistisch sein soll – wo muss die Linkspartei flexibler werden?

Wir haben doch in allem recht bekommen, etwa mit der Kritik am Bundeswehreinsatz in Afghanistan, der jetzt zu Ende geht. Bei der Regulierung des Arbeitsmarktes, auch bei der Steuerpolitik, haben Grüne, SPD und CDU Ideen von uns übernommen. Wir müssen unsere Positionen nicht revidieren. In Koalitionen geht es darum, was man in vier Jahren davon realisieren kann. Das ist eine andere Frage.

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