Klagerecht der Verbände: Bessere Chancen für Umweltprozesse

Von Artenschutz bis Grenzwerte: Umweltorganisationen dürfen in mehr Fällen vor Gericht gehen. Das könnte auch den Bau von Stromtrassen betreffen.

Klagen gegen den Bau neuer Stromtrassen sind nun einfacher Bild: dapd

FREIBURG taz | Der Bundestag hat die Klagerechte von Umweltverbänden erweitert. Zugleich schränkte es allerdings die Klagerechte der Bürger im Interesse der Wirtschaft ein. Die Reform des Umwelt-Rechtsbehelfs-Gesetzes (UmwRG) hat das Parlament am späten Donnerstagabend mit der schwarz-gelben Mehrheit gegen die Stimmen der Opposition beschlossen.

Die Ausweitung der Rechte von Umweltverbänden geht auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) von Mai 2011 zurück. Anlass war eine Klage des Umweltverbandes BUND gegen die Pläne des Stadtwerkeverbunds Trianel in Lünen für ein Kohlekraftwerk. Das Oberverwaltungsgericht Münster fand die BUND-Klage berechtigt, konnte ihr aber nicht stattgeben, weil der Verband dagegen gar nicht klagen durfte. Deshalb legte das OVG den Fall beim EuGH vor.

Hintergrund ist die deutsche Rechtstradition, dass Bürger nur dann wegen Verstößen gegen das Umweltrecht klagen können, wenn sie zum Beispiel unmittelbar und persönlich vergiftet werden können. Die Einhaltung von Grenzwerten, die nur aus Vorsicht erlassen wurden, können sie nicht juristisch einfordern.

Seit der Einführung des UmwRG 2006 dürfen Umweltorganisationen auch diese direkten Rechte der Bürger einklagen, darüber hinaus sind ihnen aber die Hände gebunden. Das beanstandete der EuGH in seinem Trianel-Urteil: Die Umweltverbände müssen das gesamte Umweltrecht auf dem Klagewege kontrollieren können.

Gegen Offshore-Windparks und Stromtrassen

Dem kam die Bundesregierung jetzt nach. Umweltverbände können nun auch auf Einhaltung des Artenschutzes und die Beachtung von Vorsorge-Grenzwerten klagen. Ebenso würden Klagen gegen Offshore-Windparks, den Bau neuer Stromtrassen oder Pumpspeicherwerke erleichtert, sagte der CDU-Abgeordnete Thomas Gebhart.

Dabei war der Koalition aber offenbar nicht wohl. „Wir wollen Vorhaben verwirklichen, nicht ausbremsen“, erklärte die FDP-Abgeordnete Judith Skudelny. Deshalb wird vor allem der Eil-Rechtsschutz eingeschränkt.

Ein Projekt kann vom Verwaltungsgericht nur noch dann bis zum Urteil gestoppt werden, wenn „ernstliche Zweifel“ an dessen Rechtmäßigkeit bestehen. So etwas wie der Stopp der Elbvertiefung, den das Bundesverwaltungsgericht Mitte Oktober anordnete, wäre damit künftig nicht mehr möglich, erklärte Skudelny. Diese Einschränkung des Klagerechts gilt für Verbände und Bürger.

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