Kirche beim Christopher-Street-Day: Kondome mit Luthers Segen

Beim Berliner CSD wird die Evangelische Kirche erstmals mit einem Partywagen dabei sein. Gleitgel und Kondome sollen geworfen werden.

Viele bunte Kondome

Passend zum „Lutherjahr“ steht auf den Kondom-Verpackungen „Für Huren* und Heilige*. Trau Dich!“ Foto: imago/Jochen Tack

BERLIN taz | Erstmals beteiligt sich eine Volkskirche ganz offiziell und massiv an der Homosexuellen-Parade Christopher Street Day (CSD). Als erste Landeskirche der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) wird die berlin-brandenburgische Kirche am 22. Juli mit einem großen Truck Teil des CSD in der Hauptstadt sein. Dazu werden nach taz-Informationen im Namen der Kirche auch Kondome und Gleitgel an Tausende von Feiernden verschenkt.

„Trau Dich!“, lautet das Motto des Trucks der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), so der offizielle Titel der Landeskirche. Es geht der EKBO dabei darum, für die kirchliche Trauung zu werben, die nach einem Beschluss der Landessynode vom vergangenen Jahr nicht mehr zwischen hetero- und homosexuellen Trauungen in der Kirche unterscheidet.

Der Superintendent des Kirchenkreises Berlin-Stadtmitte, Bertold Höcker, hatte die Idee für den Truck. Er hat auch für den großen Auftritt Spenden gesammelt. Noch im März hatte die Evangelische Kirche im Rheinland eine Kondom-Verteilaktion gestoppt, mit der eine Düsseldorfer Jugendkirche unter jungen Leuten für Botschaften der Reformation werben wollte.

Die Kondom- und Gleitgel-Verteilaktion der EKBO im unmittelbaren Umfeld des eigenen Trucks auf dem Berliner CSD hat einen missionarisch-theologischen Überbau. So steht passend zum „Lutherjahr“ 2017 auf den Verpackungen der Kondome „Für Huren* und Heilige*. Trau Dich!“ und in Anlehnung an Martin Luthers zentrale Rechtfertigungslehre: „Jeder Mensch ist von Gott geliebt. Gleichzeitig ist jeder Mensch in seinem Leben in Schuld und Sünde verstrickt. ­Luther erkannte: Weil wir als Menschen sind, wie wir sind, nimmt Gott uns an. Als Hure* und Heilige*. Als Sünder* und Gerechter*.“ Die Sternchen sollen „die sexuellen Zwischenstufen“ (Magnus Hirschfeld/Johanna Elberskirchen) markieren.

Auf dem CSD-Truck der EKBO sollen auf zwei Etagen etwa 140 Personen Platz finden. Nach Auskunft von Pfarrerin Stefanie Hoffmann, die die Aktion mit anderen seit Wochen plant, wird es auf dem Truck einen Klapptresen für Getränke geben, ebenso ein Dixieklo und Lautsprecher-Boxen mit einer Stärke von 8.000 Watt.

Trauversprechen und Ringwechsel

Neben dem „Trau Dich!“-Motto werden auf der Verkleidung des Trucks Sprüche für die Anliegen der Kirche werben. Dort wird dann „#Trauungfueralle in unseren Kirchen“, „Mehr von uns – jede Stimme gegen Rechts“ und „Evangelische Kirche seit 500 Jahren in Bewegung“ stehen.

In der EKD mit ihren rund 22 Millionen Mitgliedern haben schwule und lesbische Menschen praktisch in ganz Deutschland die Chance, in einer Kirche zumindest einen Segen für ihre Partnerschaft zu erhalten. Wie dieser jedoch genau gespendet wird – dafür haben die 20 Landeskirchen der EKD unterschiedliche Regeln.

In Berlin und Brandenburg können sich seit dem 1. Juli 2016 gleichgeschlechtliche Paare kirchlich trauen lassen. Der Traugottesdienst sieht dabei genauso aus wie der zur Eheschließung von Mann und Frau: Es gibt ein Trauversprechen und einen Ringwechsel. Der Gottesdienst wird zudem durch eine Eintragung ins Kirchenbuch dokumentiert.

Es gibt aber auch Landeskirchen, die festgeschrieben haben, dass sich diese Segnungen von den Trauungen heterosexuell orientierter Paare liturgisch unterscheiden sollten. Fast alle Landeskirchen legen Wert darauf, dass keinE PfarrerIn gezwungen werden dürfe, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen.

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