Katholischer Frauenbund über Marx: „Eine Bischöfin ist unvorstellbar“

Die deutschen Bischöfe haben einen neuen Vorsitzenden gewählt. Die Öffnung der Kirche ist „noch ausbaufähig“, sagt Maria Flachsbarth.

Ein reiner Männerclub, diese katholische Kirche. Bild: dpa

taz: Frau Flachsbarth, seit Franziskus vor einem Jahr Papst wurde, ist die Rede von Veränderung in der katholischen Kirche. Jetzt hat die Deutsche Bischofskonferenz einen neuen Vorsitzenden gewählt. Was erwarten Sie von ihm?

Maria Flachsbarth: Der neue Vorsitzende sollte offen sein und auf Menschen zugehen, er sollte sich ihren Sorgen zuwenden.

Könnten Sie sich auf diesem Posten auch eine Frau vorstellen?

Derzeit nicht. Der Katholische Frauenbund setzt sich für eine Weiheamt für Frauen, für das Diakonat der Frau ein.

Mit welchem Erfolg?

Wir werben und beten immer wieder dafür. Aber die katholische Kirche ist in ihrer Hierarchie männlich dominiert. Dennoch Frauen spielen in ihr eine zentrale Rolle. Gemeindearbeit wäre ohne Frauen nicht mehr möglich.

Für die sie teilweise nicht einmal bezahlt werden. Entscheiden dürfen Frauen nichts.

Daher fordert der katholische Frauenbund auch mehr Frauen in Führungspositionen jenseits des Weiheamtes. Hier geht die Kirche schon erfreuliche Schritte.

51, ist Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbunds. Hauptberuflich arbeitet die CDU-Politikerin als Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft.

Welche?

In Regensburg beispielsweise gibt es mit Gabriele Zinkl eine Offizialatsrätin ...

... die Chefin einer kirchlichen Behörde ...

... das wäre vor Jahren völlig unvorstellbar gewesen. Das ist aber ausbaufähig.

Die katholische Kirche ist vor Jahren aus der Schwangerschaftskonfliktberatung ausgestiegen. Was wiegt schwerer: die katholische Lehre oder die Nöte von Frauen?

Die Frage ist eher: Wie gehen wir um mit der Tatsache, dass es in unserer Gesellschaft Abtreibung gibt. In der katholischen Kirche wird das kontrovers diskutiert. Viele sagen: Wir können ein Nein zum ungeborenen Kind nicht akzeptieren. Dann gibt es aber auch katholische Laien und wir als katholischer Frauenbund, die das differenzierter sehen: Es sollte alles getan werden, damit sich Eltern, insbesondere Frauen, für ihr Kind entscheiden. Und wenn sie das nicht können, dann müsen wir mit Bedauern akzeptieren, dass sie nach einer ausführlichen Beratung nach deutschem Recht abtreiben dürfen.

Gilt das auch für die Pille danach?

Wir vertreten die Einnahme als Notfallverhütungsmittel, die einen Eisprung und damit die Entstehung einer Schwangerschaft verhindern soll.

Die Familienumfrage des Vatikans hat ergeben, dass sich Katholiken herzlich wenig um die katholische Lehre scheren. Sie haben Sex vor der Ehe, sie verhüten, manche leben offen schwul oder lesbisch.

Es gibt eine Diskrepanz zwischen Lehrmeinung und Lebenswirklichkeit, das stimmt. Auf der anderen Seite muss man aber auch feststellen, dass sich gerade junge Menschen nach Liebe, Treue, Geborgenheit und nach anhaltenden Beziehungen sehnen.

Das eine muss das andere nicht ausschließen.

Im Herbst gibt es eine Familiensynode. Ich hoffe, dass lebensweltliche Impulse dann in die Lehre einfließen.

Was raten Sie Ihren Söhnen in Liebes- und Sexdingen?

Ich sage ihnen, dass Sex kein Sport ist, sondern Ausdruck einer tiefen menschlichen Beziehung sein sollte. Dass man mit Frauen nicht mal eben eine nette Stunde haben sollte, sondern dass Frauen das Recht haben, in ihrer Würde anerkannt zu werden.

Geschiedenen Katholiken werden die Sakramente verweigert. Das Bistum Freiburg, das das ändern will, wurde vom Vatikan zurückgepfiffen. Wie sagt Ihr Verband dazu?

Die Ehe ist ein lebenslanges Versprechen. Wir anerkennen aber die Tatsache, dass Paare scheitern. In dieser schweren Zeit sollten die Menschen nicht allein gelassen werden, Sakramente sollten für sie weiter zugelassen sein. Aber nicht pauschal, sondern es sollte in jedem Einzelfall geprüft werden, was möglich ist.

Hat Sibylle Lewitscharoff Recht, wenn sie Retortenbabys ablehnt? Die Schriftstellerin befindet sich mit ihrer Ablehnung der Reproduktionsmedizin ganz auf Linie Ihrer Kirche.

Es ist Unfug, Kinder, die mit technischen Hilfen entstanden sind, zu verurteilen. Jeder Mensch ist von Gott geliebt und angenommen. Gleichwohl gibt kein Recht auf ein Kind, auch keins auf ein gesundes Kind. Lifestyle-Reproduktionsmedizin lehnen wir ab. Und manchmal muss man Situationen so akzeptieren, wie sie sind. Dazu kann auch Kinderlosigkeit zählen.

Ist ein guter Katholik nur jemand, der jeden Sonntag in die Kirche geht?

Ich schaffe es zeitlich leider nicht jeden Sonntag in die Kirche. Das finde ich schade, weil ich dort Ruhe finde und sich die Wichtigkeit so mancher - auch politischer - Alltagsprobleme klärt.

Kann man Katholik sein, wenn man aus der Kirche ausgetreten ist?

Rechtlich ist das entschieden - kann man nicht. Religiös entscheidet das Gott, nicht die Menschen.

Papst Franziskus will eine arme Kirche. Die katholische Kirche in Deutschland ist reich. Wie passt das zusammen?

Man muss unterscheiden. Manche Bistümer im Westen sind reich. Im Osten dagegen, wo der Katholizismus keine Tradition hat, drehen die Kirchen jeden Cent um und finanzieren damit zahlreiche Sozialprojekte vor Ort.

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