Kampf um die Spitze im Schach: Drei Großmeister auf der Pelle

Während der norwegische Weltmeister Carlsen in Selbstzweifeln badet, präsentiert sich der Armenier Lewon Aronjan als Mann der Stunde.

Lewon Aronjan fasst sich an die Nase

Stiller Brüter: Lewon Aronjan Foto: Imago/EQ Images

BERLIN taz | Magnus Carlsen plagen Selbstzweifel. Der früher so stoische Schach-Weltmeister fragt sich, ob er „überhaupt noch Partien gewinnen“ kann. Nach mehreren zweiten und dritten Plätzen stürzte der 27-Jährige ausgerechnet beim Topturnier des Jahres im heimischen Norwegen ab: Nur mit Mühe landete Carlsen in Stavanger nicht auf dem letzten Platz. Mit der Erfolg in der achten von neun Runden gegen Vizeweltmeister Sergej Karjakin drückte Carlsen dem Russen die rote Laterne in die Hand. Gewonnen hat der Armenier Lewon Aronjan.

Der vorletzte Rang im Zehnerfeld mit nur vier Punkten ist mehr als ein Ausrutscher, auch wenn das mit rund einer Viertelmillion Euro dotierte Turnier wohl das stärkste aller Zeiten ist. Ausgerechnet im Land der Mittsommernacht setzt die Götterdämmerung ein. Der vor zwei Jahren noch als schier unbezwingbar geltende Superstar der Schachszene hat nicht nur seinen unerschütterlichen Optimismus eingebüßt. Nach seinem Remis gegen den Niederländer Anish Giri geißelte sich der Weltmeister auch noch selbst: „Ich habe heute wie ein Dummkopf gespielt. Obwohl er immer so schlecht gegen mich spielt, kann ich ihn dafür nicht bestrafen. Das macht mich sauer.“

Demnächst droht weiterer Ärger: In der Weltrangliste rücken ihm drei Großmeister auf die Pelle. Mit seinem niedrigsten Elo-Zahl-Wert seit 2011 darf sich Carlsen keinen Ausrutscher mehr erlauben, will er Position eins behalten. Ex-Weltmeister Wladimir Kramnik (Russland), der in Stavanger Dritter hinter Hikaru Nakamura (beide fünf Punkte) wurde, rückt auf Position zwe im Ranking vor. Dicht dran an Carlsen bleibt ebenso Wesley So, auch wenn er mit neun Remis nur Platz fünf hinter Fabiano Caruana (beide USA) belegte.

„Ich schätze mich“

Die meiste Gefahr droht dem Norweger aktuell jedoch durch Aronjan. Wie schon bei seinem Triumph über Ostern in Baden-Baden lag der 34-Jährige meilenweit vor dem Rivalen. Carlsen machte dort nur durch seine Haarpracht als „Struwwelmagnus“ auf sich aufmerksam. Waren es in der Kurstadt sogar 1,5 Punkte, deklassierte Aronjan nun beim stärksten Schachturnier aller Zeiten die Weltelite mit sechs Zählern um einen vollen Punkt. Der armenische Nationalheld brennt darauf, „endlich Weltmeister zu werden“.

Das Rüstzeug besitzt er zweifelsohne. Im direkten Duell schlug er Magnus Carlsen brillant. Mit seinem eigenen Humor scherzte Aronjan nach seinem Triumph: „Ich schätze mich selbst enorm: Ich bin mein eigener Lieblingsspieler!“ Etwas, was Carlsen derzeit keinesfalls von sich behaupten wird.

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