Kampf um den Stadtrat in München: Flohzirkus ohne Grüne

Im Münchner Rathaus regiert die SPD nach 24 Jahren erstmals nicht mehr mit den Grünen, sondern mit der CSU. Diese „Große Koalition“ hat einen Haken.

Ziemlich beste Partner: CSU-Fraktionschef Josef Schmid und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD). Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Als der letzte Akt im Münchner Augustiner-Keller endete, war es schon nach Mitternacht. Draußen im Biergarten waren die Tische längst hochgeklappt, drinnen im Festsaal harrten die SPD-Mitglieder seit sechs Stunden aus. Dann trafen sie ihre Entscheidung: 71 Delegierte stimmten für die Große Koalition, 51 dagegen.

Mit seinem Votum beendete der Parteitag am Montagabend die dienstälteste rot-grüne Koalition der Republik. Nach 24 Jahren regiert die SPD im Münchner Rathaus ab Mittwoch nicht mehr mit den Grünen, sondern mit der CSU. Am Ende von siebenwöchigen Koalitionsverhandlungen steht damit fest: Eine rot-grüne Koalition zu schmieden, ist im Münchner Rathaus inzwischen so schwierig wie im Bundestag.

Zur Mehrheit im Stadtrat fehlen Sozialdemokraten und Grünen seit der Kommunalwahl im März zwei Stimmen. Die hätten eigentlich die beiden Stadträte der Linkspartei liefern sollte. Als der rot-rot-grüne Koalitionsvertrag unterschriftsreif war, erfuhr Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) aber, dass einer der Linken in Wahrheit Mitglied der DKP ist. „Mit so jemandem können wir nicht regieren“, sagte er daraufhin. Nacheinander missglückten auch Gespräche mit ÖDP, Piraten und einer Wählergruppe.

Also holten SPD und Grüne die CSU mit ins Boot. Die drei Parteien hatten sich vergangene Woche bereits in fast allen Punkten geeinigt, dann scheiterte die Koalition an der Postenvergabe. Die CSU wollte die Leitung des Kreisverwaltungsreferats, das Münchner Ordnungsamt. Die Grünen protestieren: Sie erinnerten an Peter Gauweiler (CSU), der als Kreisverwaltungsreferent einst einen Hardlinerkurs gegen Homosexuelle, HIV-Infizierte und Ausländer fuhr. Doch damit manövrierten sie sich selbst ins Abseits. Denn SPD und CSU kommen auch ohne die Grünen auf eine Mehrheit und handelten fortan alleine eine Koalition aus.

Gegen den Widerstand zahlreicher SPD-Mitglieder: „Viele Genossen kennen die CSU aus ihren eigenen schlechten Erfahrungen“, sagte der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn am Montag während des Parteitags. Er warb für eine Minderheitenregierung. Die wiederum schloss Reiter aus. „Wir brauchen stabile Mehrheiten und keinen Flohzirkus“, sagte der Oberbürgermeister. Die Mehrheit hat er nun erreicht, das Regieren könnte trotzdem schwierig werden: Die CSU ist im Stadtrat die stärkste Fraktion, die Partei des Oberbürgermeister nur Juniorpartner – und ihre Basis ist verschnupft.

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