Kammer plant die Stadtentwicklung: Ein Bahnhofsviertel am Diebsteich

Die Handelskammer hat Ideen, wie sich das Beste aus der bis 2023 geplanten Verlegung des Altonaer Bahnhofs machen ließe. Dabei geben die Kritiker der Verlegung noch nicht auf.

Soll mal ein Bahnhof mit Strahlkraft werden: Station Diebsteich in Bahrenfeld Foto: dpa

Sportplätze auf dem Metro-Großmarkt, ein U-Bahn-Anschluss und Wohnungen auf dem Friedhof: Die Handelskammer hat sich Gedanken gemacht, wie sich städtebaulich das Beste aus der geplanten Verlegung des Altonaer Fernbahnhofs an den Diebsteich machen ließe.

Dabei haben die Kritiker der Bahnhofsverlegung noch nicht aufgegeben. Vor vier Wochen versuchte die Bürgerinitiative Prellbock Altona, Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) mit einem offenen Brief von dem Vorhaben abzubringen: Es sei schlecht für den öffentlichen Nahverkehr.

„Die bis 2023 geplante Verlegung des Fernbahnhofs muss als Impuls für eine neue Qualität der Stadtentwicklung genutzt werden“, sagte Hans-Jörg Schmidt-Trenz, der Hauptgeschäftsführer der Handelskammer bei der Vorstellung eines entsprechenden „Standpunktepapiers“ vor einer Woche. Die Stadt habe zwar einen Plan vorgelegt, der entspreche aber noch nicht „der räumlichen Strahlkraft eines Großprojekts wie dem Fernbahnhof“.

In der Tat diskutiert die Bezirksversammlung Altona gerade nur einen Bebauungsplan­entwurf für das Gelände des neuen Bahnhofs und dessen Vorplatz. Für eine Rahmenplanung drumherum, bei der man sich mit den Bezirksämtern Altona und Eimsbüttel abstimme und an der die Bürger beteiligt würden, gebe es noch „ausreichende zeitliche Puffer“, teilte die Stadtentwicklungsbehörde mit.

Mit der Verlegung an den Diebsteich würde ein Sack- durch einen Durchgangsbahnhof ersetzt.

Auf dem bisherigen Gleisgelände würde Platz frei, um Wohnungen zu bauen.

Am S-Bahn-Verkehr würde sich nichts ändern. Das heißt, dass durch den künftigen Fernbahnhof nur eine, statt wie in Altona zwei S-Bahn-Linien verliefen.

Der Hauptbahnhof würde durch die Verlegung Kritikern zufolge eher be- als entlastet, etwas weil die Fahrgäste aus Richtung Wedel auf der S1 bis zum Hauptbahnhof durchführen.

Weil die Bahn möglichst wenig Aufwand treiben möchte, sollen die Gleise nicht wie am Dammtor von einer großen Halle überspannt werden. Stattdessen erhalten die vier Bahnsteige niedrige Schutzdächer. Dafür soll an der Ostseite nach dem Wunsch der Stadtentwicklungsbehörde ein Empfangsgebäude entstehen. Um es markant zu gestalten, hat Oberbaudirektor Jörn Walter zwei Hochhäuser vorgeschlagen, was ihm Kritik eintrug.

Die Handelskammer schlägt vor, rund um den Bahnhof neue Baugebiete zu entwickeln und die bestehenden Gewerbegebiete zu arrondieren. Dazu seien neue Bebauungspläne nötig. Andernfalls würden die 300 Mitgliedsunternehmen der Kammer dort „aufgrund der absehbaren Steigerung der Bodenpreise unnötig in Gefahr geraten“.

Die großen Sportplätze am Diebsteich sollen auf das Dach des Metro-Großmarkts verlegt, ihre Grundstücke mit einem „Innovationsquartier“ bebaut werden. Am Rand des Diebsteichfriedhofs stellt sich die Kammer ein paar Wohnblocks vor und direkt am Bahnhof ein Parkhaus.

Der spektakulärste Vorschlag der Kammer sieht eine Überbauung des Gleisdreiecks über der Stresemannstraße vor. Der riesige Deckel soll die neue Mitte Altona mit dem neuen Bahnhofsquartier verbinden. Er soll von 100 Meter hohen Hochhäusern flankiert werden, die ein Kongresszentrum für 800 Teilnehmer, Hotels und eine Konzerthalle mit 5.000 Plätzen aufnehmen sollen.

Damit der neue Bahnhof auch erreicht werden kann, fordert die Kammer eine direkte Verbindung zur Autobahnauffahrt Volkspark. Es solle ein Busbahnhof eingerichtet werden. Und für den Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr sei eine „südliche Trassenführung der geplanten U5 vorteilhaft“ – der neuen U-Bahn, die von Bramfeld in den Hamburger Westen führen soll.

Der Bezirksabgeordnete Christian Trede, der auch Referent für Stadtentwicklung der grünen Bürgerschaftsfraktion ist, hält das Kammerpapier für einen „interessanten Beitrag zur Diskussion“. Grundsätzliche Kritik an der Verlegung komme Jahre zu spät. Angesichts der städtebaulichen Chance, die sich hier nicht zuletzt mit Blick auf den Wohnungsbau biete, sei einmal mehr Umsteigen bei der S-Bahn verschmerzbar. „Man kann nicht alles haben“, findet Trede.

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