KP-China setzt auf mehr Privatwirtschaft: Firmen und Konzerne werden gestärkt

Die Führung in Peking verspricht eine Stärkung des Marktes. Die Dominanz der Staatsbetriebe soll massiv beschnitten werden.

China sucht eine neue Balance: zwischen Land und Staat, Staat und Markt, Wachstum und Ökologie. Bild: reuters

PEKING taz | Das schafft wahrscheinlich nur die KP Chinas. Obwohl in der Volksrepublik der Twitter-ähnliche Kurznachrichtendienst Weibo inzwischen auch unter Parteikadern weit verbreitet ist, gelang es der Spitze der Kommunistischen Partei, die insgesamt 367 Mitglieder des Zentralkomitees bei ihrem Dritten Plenum darauf einzuschwören, bis zum Ende der insgesamt viertägigen Sitzung dichtzuhalten. Nicht einer von ihnen wagte, auch nur eine Information vorab zu leaken. Es blieb daher spannend bis zum Schluss.

Um Punkt 19 Uhr am Dienstagabend war es so weit. In den Hauptnachrichten „Xinwen Lianbo“, jeden Abend zeitgleich auf sämtlichen Kanälen im chinesischen Fernsehen, wurde das Abschlusskommuniqué vorgetragen. Und tatsächlich: Die beschlossenen Reformen dürften zentrale Änderungen für China mit sich bringen.

Wichtigstes Ergebnis: Die Kommunistische Partei will das Verhältnis zwischen Markt und Staat neu ordnen. So sollen Unternehmer und Konzerne künftig nicht mehr nur wie bisher eine „grundlegende“, sondern eine „entscheidende“ Rolle bei der Verteilung von Ressourcen spielen. Dabei handelt es sich keineswegs um eine formulierungstechnische Spitzfindigkeit.

Denn trotz der Marktliberalisierungen der vergangenen Jahrzehnte und Chinas Aufstieg zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sieht sich die Volksrepublik offiziell nach wie vor als ein sozialistischer Staat. Eins der größten Probleme der chinesischen Wirtschaft waren und sind der große Einfluss des Staates und die Dominanz der mächtigen Staatsbetriebe.

Posten und Pfründe in Gefahr

Viele Parteisekretär in der Zentralregierung, aber auch in den Provinzen geben sich als überzeugte Kommunisten, fürchten tatsächlich aber um Posten und Pfründen. Privatunternehmen sind erlaubt, haben es bei der Auftrags- oder Kreditvergabe aber viel schwerer.

Sowohl staatliches als auch privates Eigentum seien wichtige Bestandteile der „sozialistischen Marktwirtschaft“ und bildeten beide eine wichtige Grundlage für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, heißt es in der Abschlusserklärung.

Konkret bedeutet das: Die Privatwirtschaft, die heute bereits mit 60 Prozent zu Chinas Wirtschaftsleistung beiträgt, wird gestärkt. Die Dominanz der Staatsunternehmen hingegen soll massiv beschnitten werden.

Schon vor dieser Sitzung des Zentralkomitees hatte Chinas Staatspräsident Xi Jinping angekündigt, dass das diesjährige Dritte Plenum grundlegende Veränderungen mit sich bringen würde und von seiner Bedeutung vergleichbar sei mit dem Dritten Plenum im Jahr 1978.

Chinas wirtschaftlicher Aufstieg

Damals öffnete sich die Volksrepublik unter der Führung von Deng Xiaoping erstmals nach 30 Jahren der Außenwelt und ließ marktwirtschaftliche Reformen zu. Das Plenum gilt als Beginn von Chinas wirtschaftlichem Aufstieg. Seitdem waren Dritte Plenarsitzungen bereits öfters Ausgangspunkt für große Reformen.

Ob Präsident Xi Jinping die Erwartungen erfüllt hat, ist umstritten. Dong Tao, Volkswirt der Credit Suisse in Hongkong, begrüßte die Ankündigungen: „Das ist für chinesische Verhältnisse eine Revolution.“

Der unabhängige US-Ökonom Laurence Brahm hebt hervor, dass im Zuge der Reformen nun auch der bislang streng regulierte Finanzsektor gelockert werden soll. Das sei ein großer Fortschritt. Der chinesische Ökonom Yuan Gangmin hatte bereits im Vorfeld befürchtet, dass es bei vagen Ankündigungen bleibt. Er fühlte sich gestern bestätigt.

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