Journalismus auf Kuba: Der Preis geht nach Havanna

Zum ersten Mal gewinnt ein Kubaner den bedeutendsten Journalistenpreis Lateinamerikas. Er ist Mitbegründer eines nichtstaatlichen Mediums.

Jorge Lázaro Carrasco, Journalist und Träger des Gabriel-García-Marquez-Preises Foto: Konstantin Bassin

BERLIN taz | Der „Premio Internacional de Periodismo Gabriel García Márquez“ ist der bedeutendste Journalistenpreis Lateinamerikas – und zum ersten Mal hat ihn ein Kubaner gewonnen. Der 27-jährige Jorge Lázaro Carrasco wurde am Freitag im kolumbianischen Medellín für sein Portrait „Geschichte eines Paria“ ausgezeichnet, in dem er das leidvolle Leben von Farah nachzeichnet, des vielleicht bekanntesten Transvestiten Havannas. Das Portrait war im April 2016 in der unabhängigen, über das Internet verbreiteten Zeitschrift El Estornudo erschienen.

„Seine Erzählung hat Stil und Humor und verzichtet auf vorgestanzte Diskurse, in denen es nur gut und böse gibt. Deshalb, und für sein erzählerisches Talent“ erhalte Carrasco den Preis, begründete die Jury.

Wie auch all die anderen jungen kubanischen Journalist_innen, die inzwischen für eines der in den letzten Jahren neu entstandenen nichtstaatlichen Medien arbeiten, hat auch Jorge Carrasco sein Handwerk beim Staat gelernt, an der journalistischen Fakultät der Universität von Havanna.

Für seine Abschlussarbeit musste er kämpfen: Die Beschreibung der teilnehmenden Beobachtung der schwulen Cruising-Szene Havannas ging vielen Professor_innen zu weit.

Teil der unabhängigen Medienszene Kubas

Nach seinem Abschluss arbeitete Carrasco mehrere Jahre beim staatlichen Rundfunk – es ist in Kuba für jeden Studienabsolventen Pflicht, mindestens zwei Jahre in einer staatlichen Instanz tätig zu sein; mit diesem „Sozialdienst“ soll die kostenlose Ausbildung an die Gesellschaft zurückgegeben werden.

Aber schon bald wurde Jorge Carrasco Teil der neuen unabhängigen Medienszene. Für OnCuba, das offiziell als US-Medium erscheinende Magazin mit Internetauftritt, dessen Redaktion am Malecón in Havanna sitzt, schrieb er eine ganze Serie über schwules Leben in Havanna. Und im März 2016 gehörte er zu den Mitbegründern des Estornudo.

Dort erschien auch die Geschichte seines vorläufigen Abschieds aus Kuba. Mit einem Stipendium nach Mexiko gereist, nutzte Carrasco im August 2016 die damals noch bestehende Chance, flog an die Nordgrenze und lief bei Nuevo Laredo einfach durch.

Damals konnten die Kubaner das noch – nur vier Monate später schloss US-Präsident Barack Obama mit der Abschaffung des „Wet foot – dry foot“-Gesetzes dieses Schlupfloch.

Teilnehmer des taz Panter-Workshops in Berlin

Einen Monat zuvor hatte Carrasco am Kuba-Workshop der taz Panter Stiftung in Berlin teilgenommen. Sein jetzt prämierter Beitrag erschien in einer gekürzten Version in der vierseitigen Kuba-Beilage und zweisprachig auf taz.de.

Jorge Carrasco lebt heute in Miami. Auf Facebook schreibt er über seinen Preis: „Wäre Kuba ein normales Land, dann wäre El Estornudo morgen auf der Titelseite der [offiziellen Parteizeitung] Granma. Aber Kuba ist keins, und was für jedes Land eine große Ehre wäre, gilt für das unsrige als Unglück. Wer ehrlich und genau über Kuba erzählen will, ist für die kubanische Regierung Pest, Lepra, Krebsgeschwür.“

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