Italiens erste Fußball-Liga: Es wird wieder gezockt

Dank Investoren können sich Serie-A-Klubs wieder Stars wie Mario Balotelli oder Edin Dzeko leisten. Die Teams müssen sich aber erst noch finden.

Fußballspieler Edin Dzeko

Edin Dzeko in seinem neuen Dress beim AS Rom Foto: dpa

Ein Trend kehrt sich um. In den vergangenen Jahren beklagten italienische Medien noch eine „Flucht der Beine“. Stars wie Kakà, Zlatan Ibrahimovic und Edinson Cavani verließen das Land. Ihnen folgten einheimische Youngster wie Marco Verratti und Mario Balotelli. Schließlich ging sogar die B-Prominenz, etwa Medhi Benatia und Erik Lamela fort, die das Prädikat A verloren hatten.

In diesem Sommer ist der Transfermarkt aber keine Einbahnstraße mehr. Die italienische Eliteliga Serie A, die am vergangenen Wochenende startete, holt wieder auf. Mittelstürmer vom Kaliber eines Edin Dzeko (zum AS Rom) und Mario Mandzukic (Juventus Turin) kamen.

Der Bosnier schoss einst Wolfsburg zum Meistertitel und wiederholte dieses Kunststück in der Premier League mit Manchester City. Der Kroate Mandzukic wiederum war erster Vollstrecker beim Triple-Team des FC Bayern. Gleich beim ersten Pflichtspiel sicherte er Juventus mit einem Tor den italienischen Supercup. Er führte sich bei Juve prima ein als Nachfolger des in die Heimat zurückgekehrten Carlos Tevez.

Für Aufsehen sorgten ebenfalls die Verpflichtung von Weltmeister Sami Khedira (ebenfalls Juve) und die in dieser Woche perfekt gemachte Rückkehr von Balotelli zum AC Mailand. Auch für die Superstars von morgen ist Italien wieder attraktiv. Der Brasilianer Gerson Santos da Silva ging wie Dzeko zum AS Rom. Der 18-Jährige, 17 Millionen Euro teuer, gilt als großes Mittelfeldtalent und war vom FC Barcelona umworben.

Fiat stockt Kapital bei Juve auf

Die Ursachen für die Trendwende liegen in der Wechselwirkung zweier Phänomene. Das eine ist sportlicher Natur, das zweite finanzieller. Ein paar in ihren alten Ligen ausgemusterte Größen fanden in der Serie A ihre Nische. Miroslav Klose etwa ist bei Lazio Rom trotz nachlassender Leistungsfähigkeit hoch angesehen und konnte sich in aller Ruhe auf die WM vorbereiten.

Auch für die Superstars von morgen ist Italien wieder attraktiv.

Die in England und Spanien unzufriedenen Argentinier Carlos Tevez und Gonzalo Higuain ließen sich ebenfalls aufs Abenteuer Italien ein. Sie hatten Erfolg: Tevez stieß mit Juve bis ins Champions League-Finale vor. Higuain konnte sich dank seiner Treffer beim SSC Neapel fast schon als Maradona-Nachfolger feiern lassen und kam ins Halbfinale der Europa League. Ihr Beispiel überzeugte jetzt manch anderen ähnlicher Güteklasse, es ebenfalls in Italien zu versuchen.

Der zweite Grund der Trendwende ist, dass italienische Vereine sich teurere Spieler auch wieder leisten können. Juventus profitierte von Kapitalaufstockungen durch Fiat. Bei Inter Mailand, dem AC Mailand und dem AS Rom stiegen internationale Investoren ein. Dem AS Rom finanzierte ein US-Konsortium die bislang 111 Millionen Euro schwere Einkaufstour. Zugleich wurden die Restposten vergangener Transferperioden – insgesamt 25 Spieler – entsorgt. Geld in die Kasse kam durch den Verkauf zweier Eigengewächse. 45 Millionen Euro blätterte der AC Mailand für Alessio Romagnoli und Andrea Bertolacci hin.

AS Rom könnte Juve bedrängen

Nach jahrelangem Sparkurs, der den Verein ins Mittelfeld abstürzen ließ, geht Präsident Silvio Berlusconi im Wissen um das frische Geld des Minderheitsaktionärs Bee Taechaubol aus Thailand in die Kaufoffensive. Er liebäugelte vor dem Balotelli-Deal sogar mit einer Neuverpflichtung des einstigen Lieblings Zlatan Ibrahimovic.

Beim Stadtrivalen Inter hat der indonesische Unternehmer Erick Thohir die Spendierhosen an. Mit insgesamt 79 Millionen Euro kaufte er sich eine komplette Abwehr, sicherte sich auch den französischen Nationalspieler Geoffrey Kondogbia – und holte für die Offensive Stevan Jovetic. Ausgerechnet dort, wo bei Inter die Not am größten ist, investierte Thohir aber nicht: auf der Spielmacherposition. Deshalb wirkt diese Shoppingtour undurchdacht.

Logischer ging Transfermarktkrösus AS Rom vor. Dzeko verpasste schon im ersten Testspiel – 6:4 gegen Europa League-Sieger Sevilla – den Giallorossi die bislang vermisste Durchschlagskraft. Und als Trainer Rudi Garcia im Abwehrverband noch Schwächen sah, kauften ihm die amerikanischen Eigner gleich die Nationalspieler Antonio Rüdiger (Deutschland) und Norbert Gyömbér (Slowakei). Rom ist zumindest auf dem Papier endlich Serienmeister Juventus ebenbürtig.

Financial Fairplay?

Wie sich all diese Einkäufe mit den Financial Fairplay-Regeln des europäischen Verbands UEFA vertragen, ist unklar. Manch Verein trickst, indem er Teile der Transfersummen auf die Bilanzen der kommenden Jahre anrechnet. Das verschiebt die Probleme nur. Um dann nicht vor einem Scherbenhaufen zu stehen, sind die aktuellen Shoppingmeister zur Teilnahme am Gelddruckapparat Champions League verpflichtet. Es hat sich also wenig geändert: Es wird weiter gezockt, jetzt eben nur mit frischem Kapital aus dem Ausland.

Jetzt müssen sich die neuen Kader nur noch einspielen. Der erste Spieltag zeigte mit Niederlagen für Juve und Milan, einem 1:1 der Roma und einem erst in der Nachspielzeit erreichten Arbeitssieg von Inter, dass dies noch Zeit braucht.

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