Israels Siedlungspolitik: Wenige abreißen, viele neu bauen

Fünf Häuser werden in der Siedlung Bet El abgerissen – und 851 neue werden gebaut. Dass der Staat dabei gegen den Friedensfahrplan verstößt, stört nicht.

Siedlungen nutzen auch der israelischen Wirtschaft: Die Bauwirtschaft bleibt in Schwung. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Erst hieß es, 300 Wohnungen sollen gebaut werden, um die über die bevorstehende Räumung des Ulpana-Viertels in Bet El trauernden Siedler zu trösten. Dann beschloss Regierungschef Benjamin Netanjahu über 551 weitere Wohneinheiten im besetzten Land.

„Wir sind keine Fremden in Bet El“, sagte Netanjahu nach der Knesset-Entscheidung, fünf auf privatem palästinensischen Land errichtete Häuser in der Siedlung abreißen zu lassen. „Wir sind keine Fremden in Judäa und Samaria. Dies ist das Land unserer Patriarchen.“

Auf Druck aus dem rechten Koalitionslager übertrug Netanjahu die Kontrolle über Neubauten im Westjordanland einem Ministergremium. Bislang hatte Verteidigungsminister Ehud Barak das letzte Wort in der Sache. Geplante Bauorte für die neuen Wohnungen sind neben Bet El, wo heute schon gut 1.000 Familien leben, Siedlungen wie Ariel und Maale Adumim, die mit großer Wahrscheinlichkeit unter israelische Souveränität fallen würden, wenn es eines Tages zu einer Einigung über den Endstatus kommen sollte.

Anders verhält es sich mit dem illegalen „Siedlervorposten“ Sansana, den die Regierung im April retroaktiv legalisierte, und der im Süden von Hebron, weit ab von der Grenze zu Israel oder anderen größeren Siedlungen liegt. Mit der Legalisierung von Sansana und zwölf weiteren „Vorposten“ verstieß die Regierung zudem klar gegen den 2003 zwischen Israel und der palästinensischen PLO unterzeichneten „Fahrplan für den Frieden“.

Palästinenser fordern Einfrieren des Baugeschehens

Für die Palästinenser ist es kein Unterschied, wo neue Häuser gebaut werden. Bevor sie den Dialog wiederaufnehmen, muss das Baugeschehen in den israelischen Siedlungen komplett eingefroren werden, fordern sie. „Verhandlungen um der Verhandlungen Willen würden den Israelis nur mehr Zeit geben, noch mehr Siedlungen zu bauen“, stellt Hannan Aschrawi fest, Mitglied im PLO-Exekutivrat. Seit Beginn der Friedensverhandlungen 1993 hat sich die Zahl der israelischen Siedler weit mehr als verdoppelt.

Palästinenserpräsident Machmud Abbas fordert nicht nur einen Baustopp, sondern die Absichtserklärung beider Seiten, eine Lösung auf der Basis der Waffenstillstandslinie von 1967 zu suchen. Die israelische Regierung hält aber weiter an der Stärkung der Siedlungen fest.

Die Bilanz von Ulpana, wo fünf Häuser abgerissen werden, dafür aber über 850 Wohnungen errichtet, könnte Nachahmung finden. Der „Siedlungsvorposten“ Migron, in dem 50 Familien leben, muss laut Entscheid des obersten Gerichtshofs bis Anfang August geräumt werden, und der „Vorposten“ Amona, ebenfalls mit 50 Familien, im Süden von Hebron, bis Ende des Jahres.

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