Irreführende Angaben der Autohersteller: Der legale Abgasschummel

Die Emissionen von Autos misst die Industrie mit wirklichkeitsfremden Verfahren. Teils sind die echten Werte drei Mal höher als zulässig.

Die Realität sieht oft dreckiger aus als die Messungen im Autolabor zeigen. Bild: dpa

BERLIN taz | Neue Dieselautos stoßen oft mehr gesundheits- und klimaschädliche Stickoxide aus als erlaubt. Bei Stickoxide-Emissionen dieser Fahrzeuge „versagt die momentane Gesetzgebung“ zur Zulassung neuer Modelle, erklärte die EU-Kommission auf Anfrage der taz.am wochenende. Die „realen Schadstoffemissionen sind deutlich höher als die gesetzlichen Vorgaben“. In Tests der Forschungsabteilung der Kommission lagen sie bei Dieselfahrzeugen, die eigentlich die Grenzwerte der Abgasnormen Euro 3 bis 6 erfüllen müssen, bis zu 3,5 Mal höher als erlaubt.

„Im gesetzlichen Zertifizierungstest werden nur sehr niedrige Motorlasten betrachtet und es sind keine Steigungen vorgesehen“, sagte Klaus Land, Leiter der Abgaszertifizierung von Mercedes-Benz. Zwar würden Katalysatoren die Stickoxide selbst dann reduzieren, wenn der Motor stark arbeitet. „Aber auch dann können die Emissionen in solchen Situationen oft über den Grenzwerten liegen.“

Die EU-Kommission wies Vorwürfe von Umweltschützern zurück, sie reformiere das Testsystem zu langsam. Das Verfahren sei „technisch sehr komplex und es ist nötig, einen politischen Konsens zu bilden“, sagte ein Sprecher.

Zwischen 2002 und 2011 waren je nach Jahr 5 bis 23 Prozent der Stadtbevölkerung in der EU der Europäischen Umweltagentur zufolge Stickstoffdioxid-Belastungen über den jährlichen Grenzwerten ausgesetzt. Studien haben laut Weltgesundheitsorganisation gezeigt, dass bei Kindern mit Asthma Bronchitis-Symptome zunehmen, wenn sie lange Stickstoffdioxid einatmen.

Während Westkinder erben, gehen im Osten viele leer aus. Wo 25 Jahre nach dem Mauerfall eine neue Grenze verläuft, lesen Sie in der taz.am wochenende vom 4./5. Oktober 2014. Außerdem: Bevor Schauspieler Udo Kier 70 wird, verrät er, wie er am liebsten sterben will. Und: Kinder an die Leine? „Verstoß gegen die Menschenwürde“ oder „wunderbar und dringend nötig“? Der Streit der Woche. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Auch Allergiker können Probleme bekommen, weil die Bronchien zusätzlich gereizt werden, berichtet das Umweltbundesamt. Der Natur schaden Stickoxide vor allem, weil sie dazu beitragen, dass Böden zu stark gedüngt werden und so Tier- und Pflanzenarten aussterben. Zudem wirken sie wie Treibhausgase.

Wegen der unrealistischen Testverfahren zahlen Autofahrer für Sprit außerdem 450 Euro mehr, als nach offiziellen Angaben zum Verbrauch nötig sein sollte. Das hat das Forschungsinstitut ICCT gerade erst berechnet. Das Institut hat den realen Verbrauch von mehr als einer halben Million Autos mit den Zahlen aus den Prospekten verglichen. Die durchschnittliche Abweichung der Test- von den Realwerten nimmt zu: Im Jahr 2001 lag sie laut ICCT noch bei circa 8 Prozent, 2013 schon bei knapp 38 Prozent.

Die Geschichte „Testfahrt im Schrank“ mit den Hintergründen zu den unrealistischen Abgastests lesen Sie in der taz.am wochenende vom 4./5. Oktober 2014.

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