Internationale Presse zu „Charlie Hebdo“: Angriff auf die Freiheit

Der Anschlag auf „Charlie Hebdo“ hat weltweit für Aufsehen gesorgt. Während einige Medien von Krieg reden, warnen andere vor simplen Narrativen.

Solidaritätsbekundung einer Französin in Tokio. Bild: reuters

BERLIN taz/dpa/afp | Das Attentat auf die französische Satirezeitung Charlie Hebdo am Mittwoch hat Frankreich in einen Schockzustand versetzt. Präsident Hollande sprach von einem Angriff auf die gesamte französische Gesellschaft. Landesweit gingen am Mittwochabend 100.000 Menschen auf die Straße, um der Toten zu gedenken. Weltweit gab es Trauerversammlungen, auch in Berlin. In vielen Ländern haben Zeitungen ihre Titelseite genutzt, um Solidarität mit Charlie Hebdo zu bekunden. Doch die Diskussion um das Attentat fängt gerade erst an. Eine Übersicht über internationale Pressestimmen.

Die französische Zeitung Libération erinnert an die linke, undogmatische Tradition von Charlie Hebdo und schreibt: „Sie haben 'Charlie' angegriffen und damit die Toleranz, die Ablehnung von Fanatismus und Dogmatismus. (...) Die Fanatiker verteidigen keine Religion, weil Religion tolerant sein kann, und sie verteidigen nicht die Muslime, die in ihrer überwältigenden Mehrheit mit Entsetzen auf diese niederträchtigen Morde reagiert haben. Die Fanatiker greifen die Freiheit an. Alle Republikaner sind vereint gegen den Gegner. Dieser Gegner ist der Terrorismus, nicht der Islam, der Gegner ist der Fanatismus, keine Religion, und der Gegner ist der Extremismus. Der hat nichts zu tun mit unseren muslimischen Mitbürgern.“

Der Pariser Figaro sieht den Anschlag schon als absoluten Ausnahmezustand, als Krieg. „Dies ist ein Krieg, ein wirklicher Krieg. Er wird nicht von schattenhaften Mördern geführt, sondern von methodischen und organisierten Killern, deren gelassene Rohheit uns das Blut in den Adern gerinnen lässt. (...) Gegen diese Killer müssen wir zuschlagen. Ohne Schwäche und Zaghaftigkeit. Wenn der Krieg da ist, müssen wir ihn gewinnen.“

Die New York Times weist darauf hin, dass der Anschlag in Paris nicht der tödlichste am vergangenen Mittwoch war, sondern dieser im Jemen stattfand. Mindestens 37 Personen seien dabei getötet worden. Dennoch: Man dürfe es sich nun nicht zu einfach machen, wenn man für den Pariser Anschlag nach Erklärungen sucht. „Religious Profiling“ sollte tunlichst vermieden werden, wird gewarnt.

Der britische Guardian unterstreicht, dass der Angriff eines Charlie Hebdo nicht nehmen könne: seinen Mut. Das Attentat könne nur als Angriff auf den unabhängigen Journalismus gesehen werden.

Die spanische Zeitung El País vergrößert zugleich den Fokus und schreibt:„Die Attacke auf Charlie Hebdo ist ein Angriff auf all die Millionen von Menschen auf dieser Welt – nicht nur in der westlichen – die in Freiheit und Frieden leben wollen, weil die Zeitung seit jeher diese ethischen und politischen Werte verkörpert hat.“ Ohne Meinungsfreiheit gebe es keine Demokratie. Die Fanatiker, die diesen Angriff ausgeübt haben, seinen schlichtweg Feinde der Demokratie.

Die belgische Tageszeitung Le Soir vergleicht das Attentat auf Charlie Hebdo mit dem Angriff auf die World Trade Center am 11. September in New York und fragt nach Vermeidungsstrategien der Radikalisierung und Ausgrenzung. Sie schreibt: „Wie das Abgleiten verhindern und die Konfrontationen zwischen den Gemeinschaften, die untergründig bereits vorhanden sind? Wie vermeiden, dass das Attentat auf Charlie Hebdo – der europäische 11. September – nicht Hass und Bannflüche freisetzt, die so oft schon gerade noch unterdrückt worden sind, und dass er die europäischen Gesellschaften in Orte der Auseinandersetzung und der Ablehnung von Freiraum verwandelt?“

Die mediale Debatte um das Attentat wird uns mit Sicherheit die nächste Zeit begleiten. So unterschiedlich die Positionen derzeit dazu sind, eines eint sie: das Entsetzen über diesen gewaltsamen Akt.

(Zusammenstellung von Anna Grieben)

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