Instant Articles auf Facebook: Zu mächtig, um es zu ignorieren

Facebook beginnt, Nachrichtenartikel direkt zu veröffentlichen. „Bild.de“ und „Spiegel Online“ sind dabei. Nicht alle in der Branche jubeln.

Alles über Superbienen, ohne Facebook verlassen zu müssen! Bild: dpa

Mit einem Tweet am Dienstagabend war es raus: Um 22.42 Uhr schrieb Julian Reichelt, Chefredakteur von Bild.de: „Thrilled to be part of the most exciting project in global news with ‪@BILD - ‪@facebook ‪#InstantArticles“.

Bild.de wird also bei „Instant Articles“ dabei sein, jener neuen Funktion, bei der Medien künftig in der mobilen Facebook-App nicht mehr nur Links zu ihren Inhalten veröffentlichen, sondern komplette Artikel. Wenig später meldete Facebook, dass aus Deutschland auch Spiegel Online teilnimmt, aus Großbritannien der Guardian und die BBC. Bisher war lediglich bekannt, dass die US-Medien New York Times, National Geographic, NBC und Buzzfeed kooperieren.

Nutzer der iPhone-App von Facebook sehen ab heute in ihrer Timeline aufwändig produzierte Artikel mit Videos, animierten Grafiken und Bilderstrecken. Bisher sind es nur wenige, es sollen aber bald mehr folgen. Auch eine App für Android-Geräte sei geplant, meldet Techcrunch.http://techcrunch.com/2015/05/12/facebook-instant-articles/

Grund für die neue Entwicklung sei die Schnelligkeit, sagt Chris Cox, Produkt-Chef von Facebook in einem Video. Eines der größten Probleme, das Facebook sehe, sei, wie lange es dauere, bis Nachrichtenartikel in mobilen Apps zum laden bräuchte. „Instant Articles“ verspricht, Inhalte zehnmal schneller zu laden als andere Apps.

Julian Reichelt begründet Springers Entscheidung mit Facebooks Reichweite. Fast 30 Millionen Menschen in Deutschland erlebten ihren digitalen Alltag dort. „Wir wollen lernen, aber auch mitgestalten, wie die Menschen im Zeitalter sozialer Plattformen News, Unterhaltung und Sport konsumieren.“ Die „Hoheit und Verantwortung“ für die journalistischen Inhalte blieben bei Bild, so Reichelt. Gleiches verspricht auch Spiegel-Online-Chefredakteur Florian Harms per Twitter: „Wir freuen uns, aus dieser Kooperation zu lernen. Unsere Publizistik bleibt natürlich unabhängig. ‪#SPONNeustart

Win-win oder Kontrollverlust?

Dass Springer sich an der Kooperation beteiligt, ist vor allem deshalb interessant, weil der Verlag in einer ähnlichen Angelegenheit seit Jahren mit Google streitet. Springer verlangt Geld dafür, dass der Internetkonzern in seinen Suchergebnissen Verlagsinhalte anreißt, ohne dafür zu bezahlen. In dieser Auseinandersetzung haben Springer und andere Verlage das umstrittene Leistungsschutzrecht erwirkt.

Hinter der Kooperation mit Facebook steht nun ein Geschäftsmodell. Verkaufen die Verlage die in ihre Artikel eingebettete Werbung selbst, dürfen sie sämtliche Erlöse behalten. Wird die Onlineanzeige von Facebook besorgt, bekommen die Medienhäuser noch 70 Prozent der Erlöse. Facebook erlaubt es den Verlagen auch, Daten über die LeserInnen zu sammeln.

Für Facebook hat die Zusammenarbeit den Vorteil, dass die Nutzer länger auf der Seite verweilen – was wiederum die Preise, die Facebook für Anzeigen verlangen kann, in die Höhe treibt.

Doch nicht alle in der Verlagsbranche sind glücklich über die Zusammenarbeit. Vivian Schiller, ehemalige Führungskraft bei NBC und der New York Times sagte gegenüber der New York Times, dass Verlage keine andere Wahl hätten, als zu kooperieren. Facebook sei mittlerweile zu mächtig, um es zu ignorieren. Atlantic-Chefredakteur James Bennet glaubt, dass Medien mit diesem Schritt die Kontrolle über den Vertrieb ihrer Inhalte verlören.

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