Insektensterben und Pflanzenschutzmittel: Es brennt wirklich

Welche Auswirkungen haben Pestizide auf Insekten? Glyphosat-Minister Schmidt tut bei „Hart aber fair“ besorgt – ist aber weiter für ihren Einsatz.

Eine Biene sammelt den Nektar von einem rosafarbenen Sonnenröschen

Ist die Honigbiene durch Neonicotinoide bedroht? Foto: dpa

„Es brennt.“ So knapp brachte Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar das globale Insektensterben am Montagabend auf den Punkt. Beim Polittalk „Hart aber fair“ sollte es um den „stillen Tod der Bienen“ gehen – und um die Frage: Wer vergiftet unsere Natur?

Die Diskussion drehte sich um den Einsatz von Neonicotinoiden in der Landwirtschaft und die Zulassungsverfahren für sogenannte Pflanzenschutzmittel in der EU. Die leitende Frage der Sendung wurde leider nicht beantwortet – vor allem, weil der Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, und Landwirtschaftsminister Christian Schmidt alle Mitverantwortlichkeit von sich wiesen.

Richtig, in der Runde saß auch Christian Schmidt von der CSU, der vergangene Woche mit seinem Alleingang bei der Verlängerung der Glyphosatzulassung in Brüssel Schlagzeilen machte. Schmidt nennt Honigbienen nach Schweinen und Hühnern die „wichtigsten Nutztiere in unserem Land“. Und wird in der Sendung nicht müde zu betonen, dass er sich für die Erhaltung von Insektenarten einsetze. Dass das eine verzerrte Darstellung ist, findet der Grüne Harald Ebner, der im Landwirtschaftsausschuss des Bundestages sitzt.

Die Sendung war ein Schaustück der parlamentarischen Demokratie. Da sitzt ein CSU-Politiker neben einem Grünen, ein Vertreter der Agrarlobby diskutiert mit einem wissenschaftlich versierten Journalisten. Yogeshwar und Ebner legen Fakten vor und stellen die Vorgehensweise der Politik in Frage. Sie sprechen von den Neonicotinoiden, die nicht nur auf Schädlinge wie Nervengifte wirken – sondern auch auf Nützlinge wie die Biene und die Schlupfwespe.

Ebner will, dass Schmidt sich darauf festlegt, weitere Pflanzenschutzmittel in der EU zu verbieten. Schade nur, dass Moderator Frank Plasberg die Diskussion in spannenden Momenten unterbricht und die beiden Politiker bittet, politische Debatten eher im Ausschuss zu führen. Insbesondere nach der Verlängerung der Glyphosat-Zulassung ist eine solche öffentliche Debatte vielleicht viel nötiger als die Diskussion im geschlossenen Forum des Landwirtschaftsausschusses.

Schmidt sagt, er blicke selbst „mit ganz großer Sorge“ auf das Thema. Dennoch meint er, es sei klar, dass Pflanzenschutzmittel eingesetzt würden. Das findet auch Bauernvertreter Krüsken. Man müsse mit diesen Mitteln für eine bessere Pflanzengesundheit sorgen. Für beide ist die Studienlage „nicht eindeutig“. Man würde handeln, sobald sie eindeutig sei. Solange das nicht der Fall ist, werde man weiter die Mittel verwenden.

Wissenschaftsjournalist Yogeshwar findet diese Herangehensweise falsch. Die Art und Weise, wie Pflanzenschutzmittel in der EU zugelassen werden, sei uralt. Yogeshwar zitiert die Krefelder Studie, bei der Hobby-Insektenforscher seit 1989 das Vorkommen von Insekten in bestimmten Landstrichen dokumentieren – und einen „erschreckenden Trend nach unten“ feststellen. Wer in so einem Moment behaupte, es sei nur ein Fehler des Feueralarms, dem müsse man mit aller Deutlichkeit sagen: Es brennt wirklich.

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