Initiator von "Occupy Frankfurt": Der talentierte Mr. Siener

Der Organisator des Frankfurter Protestcamps "Occupy Frankfurt", Wolfram Siener, ist zum Medienphänomen geworden. War er nur zur richtigen Zeit am richtigen Ort?

Siener spricht über die Krise des Kapitalismus, so wie es viele tun. Bild: dpa

Wolfram Siener, 20, hat das Protestcamp "Occupy Frankfurt" vor der Europäischen Zentralbank initiiert. Dabei hat er sich Feinde gemacht. Am Samstagabend, nachdem Tausende durch das Bankenviertel gezogen waren und junge Aktivisten gerade ihre Zelte vor dem leuchtenden Euro-Monument der EZB aufschlugen, erhielt Siener Drohanrufe: Er solle sich aus der Occupy-Bewegung zurückziehen.

Siener informierte die Öffentlichkeit per Twitter. Er schaltete noch in der Nacht die Polizei ein, informierte seine Eltern und versteckte sich an einem Ort, an dem er sicher war. Wer wollte den 20-Jährigen mit dem Kraushaar und der Lederjacke stoppen?

Wolfram Siener ist ein rhetorisches Talent. Er macht die Pausen an der richtigen Stelle. Wenn er überlegt, dann sagt er "nun" und spricht einen Satz, der jeden Journalisten jubeln lässt, weil er Anfang und Ende hat und so griffig ist, dass man ihn zitieren, zerschneiden und wiederholen kann. Eigentlich sagt Wolfram Siener keine bemerkenswerte Dinge. Er spricht über die Krise des Kapitalismus und die bösen Banken, so wie es viele tun im Moment. Gängige Protestprosa. Doch wie er es sagt, ist bemerkenswert. Kein Stammeln. Kein Zauder. Kein Zurück. Ist dieser Junge wirklich zwanzig?

Etwas zu aufrecht, etwas zu ernst

Sieners wundersamer Aufstieg begann am Donnerstag, mit einem Auftritt bei Maybritt Illner. Es ging um die Schuldenkrise und den Protest gegen Banken. Siener saß im Publikum, erste Reihe, neben dem Deutschlandchef von "Standard & Poors". Man hätte ihn, so wie er dort saß, in seinem Jackett, etwas zu aufrecht und etwas zu ernst, für den Vorsitzenden eines Jugenddetektivklubs halten können.

Dann kam eine Stimme aus dem Off und stelle ihn als einen Zwanzigjährigen vor, der "gerade eine Protestbewegung organisiert". Siener guckte ernst in die Kamera und nickte. Als man ihm das Wort erteilte, rechnete er ab: mit Ratingagenturen, den Banken, der Politik. Er hämmerte seinen Zeigefinger in die Luft, bei jedem Wort; so energisch, dass man als Zuschauer in Deckung gehen wollte. Es folgte ein Auftritt im Nachtmagazin der ARD, beim Hessischen Rundfunk; Spiegel Online ernannte ihn am Wochenende gar zum Hoffnungsträger der "Generation Occupy".

Was bewegt Wolfram Siener? Je mehr man ihm zuhört, desto weniger weiß man eine Antwort auf diese Frage. Vielleicht war er an diesem Wochenende einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Vielleicht ist Siener nur ein Medienphänomen für drei Tage. Es ist ihm nicht zu wünschen.

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