Initiative für Dezentralisierung: Senat verhandelt über Asylheime

Hamburgs rot-grüne Koalition und die Volksinitiative gegen Großunterkünfte verhandeln über dezentrale Flüchtlingsunterkünfte und bessere Integration.

Flüchtlingsunterkunft von oben

Soll nach dem Willen der Initiativen nicht zu groß sein und Abstand halten: Flüchtlingsunterkunft Foto: Axel Heimken/dpa

HAMBURG taz | Sanft ist die Tonlage im Rathaus, wenn es um die Initiative „Hamburg für gute Integration“ geht. „Wir wollen sehen, wie wir Brücken bauen können“, sagt SPD-Fraktionschef Andreas Dressel. Es gehe darum, Gemeinsamkeiten zu suchen, ergänzt sein grüner Kollege Anjes Tjarks.

Wenn sich die Spitzen der beiden Koalitionsfraktionen am heutigen Dienstagabend mit den Vertrauensleuten der Initiative treffen, ist Verständigung das Ziel. Denn das Anliegen der Ini, nur noch kleine, dezentrale Flüchtlingsunterkünfte zu erlauben, birgt politischen Sprengstoff.

Der Weg zum Volksentscheid ist in Hamburg dreistufig.

Volksinitiative: Für eine erfolgreiche Volksinitiative müssen binnen sechs Monaten die Unterschriften von 10.000 Wahlberechtigten gesammelt werden. Übernimmt die Hamburgische Bürgerschaft das Anliegen nicht in einer Frist von vier Monaten, können die Initiatoren ein Volksbegehren einleiten.

Volksbegehren: Für ein erfolgreiches Volksbegehren müssen binnen drei Wochen fünf Prozent (rund 65.000) der wahlberechtigten HamburgerInnen unterschreiben. Übernimmt die Bürgerschaft ein erfolgreiches Volksbegehren nicht, kommt es zum Volksentscheid.

Volksentscheid: Für den Erfolg eines Volksentscheides müssen mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten und die Mehrheit der Abstimmenden dem Anliegen zustimmen. Das sind mindestens 260.000 Stimmen.

Die erst am Freitag gestartete Initiative hat nach eigenen Angaben am ersten Wochenende bereits rund 5.000 Unterschriften gesammelt, 10.000 würden reichen (siehe Kasten). „Es lief sehr gut für uns, die halbe Miete haben wir schon“, sagt Initiativensprecher Klaus Schomacker, „bis zum Ferienbeginn am Wochenende wollen wir genügend Unterschriften zusammen haben.“

Maximalbelegung: 300

Die Initiative verlangt unter anderem, dass Flüchtlingsheime nur noch mit maximal 300 Menschen belegt werden dürfen. Außerdem sollen die einzelnen Unterkünfte mindestens einen Kilometer voneinander entfernt sein. Als letzten Schritt strebt die Initiative einen Volksentscheid im Herbst 2017 an – was kaum im Sinne der rot-grünen Koalition in Hamburg sein kann.

Die Initiative müsse darlegen, „wie das gehen soll, was sie will“, sagt Tjarks. Denn faktisch läuft ihr Ansinnen auf eine Obergrenze hinaus, wenngleich alle diesen inzwischen belasteten Begriff vermeiden. Aber 300 Flüchtlinge pro Quadratkilometer ergibt eben eine begrenzte Anzahl im nicht grenzenlosen Stadtstaat.

„Wir aber müssen die Flüchtlinge unterbringen, die zu uns kommen – und niemand weiß jetzt, wie viele das allein in diesem Jahr werden“, sagt Tjarks. „Am Ende aber muss das schon aufgehen.“

Eine Art Realitätscheck

Das Angebot, das Rot-Grün der Initiative unterbreiten will, ist eine verstärkte Beteiligung bei der Standortauswahl. Damit könne die Suche nach geeignete Flächen für Flüchtlingsunterkünfte „transparenter und verbindlicher“ gestaltet werden. Zugleich sei das eine Art „Realitätscheck“, sagen Dressel und Tjarks übereinstimmend: Die Unterkünfte müssten zeitlich und planerisch machbar sein, ohne den dringend notwendigen Wohnungsbau zum Erliegen zu bringen.

„Wir freuen uns auf konstruktive Vorschläge“, sagt Schomacker, „und werden sie sorgfältig prüfen.“ Wichtig sei, die Integration von Flüchtlingen für die Stadtentwicklung zu nutzen. „Es geht nicht um Flüchtlinge hier, Wohnungsbau dort“, sagt Schomacker, „es geht auch um soziale Durchmischung.“

Dass die AfD-Fraktion in der Bürgerschaft jetzt erklärte, sie wolle die Volksinitiative „auf allen Ebenen“ unterstützen, gefällt Schomacker gar nicht. „Wir lehnen jegliche Unterstützung von rechten Parteien oder Organisationen ab“, sagt er. „Wenn die uns Unterschriftenlisten bringen, zerreißen wir die.“

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