Inhaftierter Journalist in der Türkei: „Ich will einen fairen Prozess“

Der „Welt“-Korrepondent und ehemalige taz-Redakteur Deniz Yücel sitzt weiter im Hochsicherheitsgefängnis Silivri in Haft. Er fordert eine rasche Anklage.

Eine Person hält aus einem fahrenden Auto ein Schild. Darauf steht „Free Deniz“

Autokorso für Deniz Yücel im Februar 2017 in Frankfurt Foto: dpa

BERLIN taz | Der in der Türkei inhaftierte deutsche Journalist Deniz Yücel fordert von der türkischen Justiz eine rasche Anklage. „Ich will einen fairen Prozess. Und den am besten gleich morgen. Nicht mehr. Nicht weniger“, sagt Yücel im Interview mit der taz am wochenende.

Yücels Anwälte haben beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen seine Inhaftierung eingelegt. Die Türkei hat noch bis zum 28. November Zeit für eine Stellungnahme.

„Nach all der Verschleppungstaktik der türkischen Seite hoffe ich, dass der Gerichtshof nun zügig handelt. Also, dass der Gerichtshof für die überschaubare Anzahl von Journalisten und Abgeordneten, deren Klagen er bevorzugt zu behandeln beschlossen und in deren Fällen er die türkische Regierung zur Stellungnahme aufgefordert hat, ein Urteil zur Inhaftierung spricht. Und danach werde ich gespannt sein, ob die türkische Regierung ein Urteil aus Straßburg zur Haftentlassung befolgen wird“, sagt Yücel der taz am wochenende im ersten Interview seit der Inhaftierung.

Das Interview wurde schriftlich über Yücels Anwälte geführt. Yücel, der seit 2015 als Türkei-Korrespondent für die Zeitung Welt arbeitet, wurde am 14. Februar 2017 in Istanbul festgenommen, zwei Wochen später kam er in Untersuchungshaft in das Gefängnis Silivri, das größte Gefängnis der Türkei. Dort sitzt er in Einzelhaft. Ihm werden „Propaganda für eine terroristische Vereinigung und Aufwiegelung der Bevölkerung“ vorgeworfen, eine Anklageschrift liegt bis heute nicht vor.

Im Interview äußert sich der ehemalige taz-Redakteur auch über seine Haftbedingungen. „Isolationshaft ist Folter. Auch wenn ich eigentlich guter Dinge bin, kann ich nicht absehen, welche langfristigen Folgen das haben wird.“

Yücel erklärt zudem, dass er sich über die Anteilnahme in Deutschland freue. „Obwohl noch immer keine Anklageschrift vorliegt, weiß ich ja, weshalb ich eingesperrt bin: Weil ich, so meine ich, mir einbilden zu können, meinen Job als Journalist ordentlich gemacht habe. Und obwohl ich in Einzelhaft sitze, weiß ich, dank der vielen Menschen, die sich für mich und für meine inhaftierten Kollegen einsetzen, dass ich nicht alleine bin. Das hilft mir sehr.“

Immer wieder hatten Unterstützer Yücels Autokorsos, Konzerte und Kundgebungen initiiert. Kürzlich war der deutsche Menschenrechtler Peter Steudtner auf Vermittlung des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder aus türkischer Haft entlassen worden. Neben Yücel sitzen derzeit nach Angaben des Auswärtigen Amtes acht Deutsche aus politischen Gründen in der Türkei in Haft.

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