Informationspflicht bei Umweltfragen: Viele Fragen, wenig Antworten

Wer Fragen zur Umwelt hat, dem müssen Behörden antworten. Viele ignorieren diese Pflicht. Eine Studie zeigt: Staatliche Stellen mauern oder spielen auf Zeit.

Die Verbraucher haben ein Recht darauf, zu erfahren was in ihrem Trinkwasser ist. Bild: dpa

BERLIN taz | Deutsche Behörden informieren Bürger nicht so, wie das Gesetz es vorschreibt. Nur ein Viertel der Anfragen zu Themen wie Abfallverwertung, Artenschutz oder Elektrosmog werden vollständig beantwortet. Das hat eine unveröffentlichte Studie des Unabhängigen Instituts für Umweltfragen ergeben, die der taz vorliegt.

Deutsche Behörden müssen zu Umweltthemen Auskunft erteilen – das schreibt das Umweltinformationsgesetz von 1994 vor. „In drei Viertel der Fälle haben die informationspflichtigen Stellen entweder gar nicht reagiert, die Antworten verweigert oder unvollständig geantwortet“, sagt Michael Zschiesche, Ökonom und Jurist des Instituts. „Das sind Gesetzesverstöße.“

Für die Studie haben die Wissenschaftler inkognito als Privatpersonen bei Behörden Fragen zur Umwelt gestellt, etwa bei Stadtverwaltungen nach Verkehrslärm-Messungen, bei Wasserversorgern nach dem Hormongehalt des Trinkwassers oder beim Zoll nach illegal eingeführten Tieren. Insgesamt waren es mehr als 200 Anfragen.

Auskunftspflichtig sind Bundes- und Landesbehörden, Kommunen und Regierungsbezirke sowie private Unternehmen, die staatliche Aufgaben übernehmen. Häufig stellen Umweltorganisationen solche Anfragen. Aber auch Menschen, die umziehen, interessieren sich für den zu erwartenden Lärmpegel oder die Luftverschmutzung.

Auf 27 Prozent der Anfragen bekamen die Forscher gar keine Rückmeldung. Bei 25 Prozent lehnte die zuständige Stelle ab, Auskunft zu erteilen. Von den verbliebenen 48 Prozent wird in der Studie nur die Hälfte als „vollständig beantwortet“ gewertet. Der Rest entsprach nicht „dem erwarteten Umfang der Antwort“.

Falsche Internetseiten

„Bei einigen Antworten entsteht der Eindruck: Die wollen das einfach nicht beantworten“, sagt Umweltrechtsexperte Zschiesche. So hätten einige Stellen auf Internetseiten verwiesen, auf denen Lärmmessdaten aus völlig anderen Stadtteilen standen als angefragt.

Laut Gesetz müssen die Auskünfte „auf dem gegenwärtigen Stand, exakt und vergleichbar“ sein. Bereits 2008 hatte das Institut die Auskunftsfreudigkeit von Behörden untersucht. Damals wurden noch 40 Prozent der Anfragen vollständig beantwortet. Die Autoren fordern die Behörden auf, sich stärker an die gesetzlichen Anforderungen zu halten und „die Praxis von Informationsanfragen einzuüben“.

Das Problem: Die Zuständigkeiten sind weit verteilt. „Jede auskunftspflichtige Stelle ist eigenverantwortlich für den ordnungsgemäßen Vollzug des jeweiligen Rechts zum Umweltinformationszugang zuständig“, so eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums. Das Ministerium ist also nur zuständig für Anfragen, die dort gestellt werden.

Kontrollen fehlen

Eine bundesweite Kontrolle der Praxis gibt es nicht. Auch die Länder überwachen die Beantwortungen nicht. Man sei zwar zuständig für „allgemeine Vollzugsfragen“, so ein Sprecher des Umweltministeriums Nordrhein-Westfalen. Es gelte aber „die Regelung, dass Anfragen von der Stelle beantwortet werden sollen, wo sie auch gestellt werden“. Ob das Land Konsequenzen aus der Studie ziehen wird, sei noch unklar.

Auch wegen der fehlenden Kontrolle werde das Verhalten der Behörden selten geahndet, so Ökonom Zschiesche. Im Zweifelsfall kann der Fragesteller zwar vor dem Verwaltungsgericht erstreiten, dass ihm die Behörde Auskunft erteilen muss. „Das kann leicht zwei Jahre dauern“, sagt er.

Häufig gehe es aber um Informationen, die dann veraltet seien. „Da können Behörden gut auf Zeit spielen.“

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