Indonesien gegen Australien: Wie im Kalten Krieg

Australiens Geheimdienst hört Indonesiens Präsidenten ab. Der ist empört, auch über die Reaktion aus Canberra, und stoppt die Kooperation beider Länder.

Ist mächtig sauer: Indonesiens Präsident Susilo Bambang. Bild: dpa

CANBERRA taz | Als Reaktion auf das Abhören der indonesischen Regierungsspitze durch Australiens Geheimdienst hat die Regierung in Jakarta am Mittwoch die Zusammenarbeit mit Canberra in wichtigen Bereichen bis auf weiteres gestoppt. Betroffen ist unter anderem der Kampf gegen Menschenschmuggel nach Australien sowie die Kooperation im Militär- und Geheimdienstbereich. Dies erklärte Indonesiens Präsident Susilo Bambang Yudhoyono in Jakarta.

„Für mich persönlich wie für viele Indonesier ist das Abhören durch Australien schwer zu verstehen“, sagte der Exgeneral nach einem Treffen mit Australiens Botschafter. „Dies ist nicht die Ära des Kalten Krieges.“ Da die Maßnahmen erst ab Januar gelten, besteht noch die Möglichkeit, einen gesichtswahrenden Ausweg zu finden.

Am Montag hatten der britische Guardian und der australische Rundfunk ABC geheime Spionagedokumente des amerikanischen Whistleblowers Edward Snowden veröffentlicht. Demnach hatte Australiens Geheimdienst 2009 Telefone des indonesischen Präsidenten, seiner Frau und einiger Minister angezapft. Als erste Reaktion hatte Jakarta schon am Montag seinen Botschafter aus Canberra zurückgerufen.

Australiens Regierungschef Tony Abbot lehnte am Mittwoch erneut eine Entschuldigung ab. Er erkenne aber an, wie „persönlich schmerzlich“ diese Vorwürfe seien. Zugleich verwies er darauf, dass Indonesien in der Vergangenheit seinerseits australische Politiker abgehört habe. Bereits zuvor hatte Yudhoyono Abbott per Twitter kritisiert: „Ich verurteile auch die Erklärung des australischen Ministerpräsidenten, der das Abhören Indonesiens auf die leichte Schulter nimmt, ohne Schuldbewusstsein.“

Spitzeln um zu helfen

Dabei ist Yudhoyono Australien sonst freundlich gesinnt. Mit seinem ungewöhnlich starken Ausbruch reagierte er auf Abbotts Äußerung vom Montag im Parlament: „Alle Regierungen sammeln Informationen, und alle Regierungen wissen, dass jede andere Regierung Informationen sammelt.“ Laut Abbot spioniere Australien, „um unseren Freunden und Alliierten zu helfen, nicht um sie zu schädigen“.

Die veröffentlichten Geheimdokumente sind Teil einer von US-Geheimdiensten gezeigten Diashow. Auf den Lichtbildern sind nicht nur die Namen führender indonesischer Politiker zu lesen, die 2009 von Australien abgehört worden waren, sondern auch das australische Staatswappen. Australien spielte eine wichtige Rolle in der von Washington geführten Nachrichtenbeschaffung durch befreundete Länder.

Mehrere Sicherheitsexperten verurteilten Australiens Reaktion als inakzeptabel und „amateurhaft“. Der Indonesien-Experte Marcus Mietzner von der Australian National University in Canberra nannte es „ungeheuerlich“, dass Abbott Jakarta praktisch gesagt habe, die Spionage „sei eigentlich nur zum Besten für Indonesien“. Australien hat deutlich mehr zu verlieren als Indonesien. Das Nachbarland mit 240 Millionen Einwohnern ist ein zunehmend wichtiger werdender Abnehmer australischer Produkte und Dienstleistungen. Kann Canberra das Vertrauen nicht rasch wiederherstellen, könnte Australien Milliarden an Exportdollars einbüßen.

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