In letzter Minute verhindert: Kein Sonderrecht für Dänentunnel

Kiel und Berlin wollten die Einspruchmöglichkeiten für Bürger bei der Fehmarnbelt-Querung einschränken. Ein Putsch der Planer scheiterte.

Ein Entwurf für einen Tunnelbau an einer Küste

Ein wahrhaft unterirdisches Projekt: der Fehmarnbelttunnel Foto: dpa

HAMBURG taz | Es wird eine Klatsche für die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein werden. Die feste Fehmarnbelt-Querung wird nun doch nicht in das Planungsbeschleunigungsgesetz aufgenommen, das der Bundestag am Donnerstagabend beschließen will. Nach intensiven Verhandlungen und hitzigen Diskussionen im Verkehrsausschuss des Bundestages wurde dieser von Schleswig-Holstein im Bundesrat beantragte Passus am späten Mittwochnachmittag aus dem Gesetzestext gestrichen und in den Anhang verbannt – „ein Sieg für die Bürgerrechte“, frohlockt ein Beteiligter.

Damit wird es nicht zum Kniefall zu nächtlicher Stunde kommen. Nach 21 Uhr steht der „Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich“ auf der Tagesordnung des Bundestags, das der Naturschutzbund (Nabu) als Einknicken vor dänischen Forderungen bezeichnet. Denn nur ein einziges Verkehrsprojekt wurde in der Neuregelung explizit genannt: Die feste Straßen- und Schienenverbindung zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark.

Das sei „ein diplomatischer Kniefall vor dänischen Interessen und hat nichts in einem deutschen Gesetz zu suchen“, kritisierte Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Das Gesetz sei „der ungeschminkte Versuch, auf dem Rücken von Natur und betroffenen Bürgern das Verbandsklagerecht auszuhebeln und Klagen gegen die Fehmarnbelt-Querung zu verhindern“.

In der Tat enthält das Gesetz die Möglichkeit, schon vor einem formalen Planfeststellungsbeschluss mit vorbereitenden Maßnahmen beginnen zu dürfen. Waldrodungen wie jüngst im Hambacher Forst hätten dann eine breitere gesetzliche Basis und könnten nur schwerlich mit einem gerichtlichen Baustopp belegt werden.

Klagerechte sollten eingeschränkt werden

Zudem soll bei Projekten, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss – und das sind praktisch alle – auf eine öffentliche Erörterung der Einwendungen verzichtet werden. Die Frist für Betroffene, ihre Einwände schriftlich zu formulieren, soll außerdem verkürzt werden. Bei der Komplexität großer Vorhaben wie zum Beispiel der Elbvertiefung könnte das dazu führen, dass hastig formulierte Widersprüche einfacher als nicht stichhaltig abgewiesen werden können.

Eine solche „Dosis von Bürgerrechtsverkürzungen und Abbau von Umweltstandards mag die Aggressivität der Debatte fördern, zur Problemlösung und erst Recht zur Befriedung wird sie nicht beitragen“, kritisiert denn auch Wilhelm Mecklenburg, Anwalt des Aktionsbündnisses gegen die feste Fehmarnbelt-Querung. Richtig sei hingegen, „zum Grundsatz der umfassenden Problembewältigung und einem redlichen, nämlich wirklich ergebnisoffenen, Genehmigungsverfahren zurückzukehren“, sagt Mecklenburg.

In letzter Minute verhindert wurde dieser Putsch der Planer am Fehmarnbelt, nachdem Bundestagsabgeordnete von SPD, Grünen und Linken aus Schleswig-Holstein auf das Kleingedruckte aufmerksam geworden waren. Im Regierungsvertrag der Großen Koalition war vereinbart worden, Planungen gesetzlich zu beschleunigen. Über den Bundesrat hatte Schleswig-Holstein auf Drängen der mitregierenden FDP die ausdrückliche Benennung der Verbindung nach Dänemark hinein verhandeln wollen. Damit wären „Bürgerrechte abgebaut und Klagerechte von Verbänden eingeschränkt“ worden, kritisiert Schleswig-Holsteins linker Bundestagsabgeordneter Lorenz Gösta Beutin.

Geplant sind ein 17,6 Kilometer langer Tunnel und der Ausbau der Schienen- und Straßenhinterlandanbindungen in Deutschland und Dänemark.

Die Kosten von 7,4 Milliarden Euro allein für den Tunnel trägt Dänemark. Mautgebühren in Höhe heute üblicher Fährtarife sollen das Projekt refinanzieren.

Den Schienen- und Straßenausbau an Land tragen Deutschland und Dänemark. Auf dänischer Seite werden dafür 1,2 Milliarden Euro veranschlagt, auf deutscher bis zu drei Milliarden Euro.

Formal ist zwar nur von der „Fehmarnsundquerung“ die Rede, also der Verbindung zwischen der Insel Fehmarn und dem schleswig-holsteinischen Festland. Denn der von Dänemark zu bauende Tunnel in der Ostsee unterliegt nicht deutscher Gesetzgebung. Der Ausbau der Anbindung auf deutscher Seite samt einer neuen Brücke über den Fehmarnsund wäre aber ohne Fehmarnbelt-Tunnel überflüssig.

Hinter den Kulissen hat es nach taz-Informationen zwischen dem schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz und der grünen Fraktion im Kieler Landtag deshalb heftig geknirscht. Denn im Jamaika-Koalitionsvertrag heißt es über die Fehmarnbelt-Querung lediglich, diese liege in der Verantwortung des Bundes. Das Land müsse lediglich in dessen Auftrag „die notwendigen Maßnahmen durchführen“. Von aktiver Beschleunigung des Großprojekts durch die Kieler Koalition war nicht die Rede.

Nun beteuert Andreas Tietze, Verkehrspolitiker der Grünen im Landtag, die Querung „immer kritisch gesehen“ zu haben. Erleichtert über die Streichung der „Lex Fehmarnbelt“ äußert sich Ostholsteins SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn, seit Jahren Kämpferin gegen den Ostsee-Tunnel. „Ekla­tante Planungsmängel“ dürften nicht mit einem gesetzlich verordneten „Sofortvollzug“ belohnt werden.

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