In Klausur: Linkspartei endgültig staatstragend

Ohne ein Personalkonzept droht der Kollaps der Verwaltung, warnt die Fraktion.

Der Finanzverwaltung will die Linkspartei einheizen. Bild: dpa

Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus hat sich den Kampf gegen die Auszehrung des öffentlichen Dienstes in Berlin auf ihre Fahne geschrieben. Imagekampagnen statt Einstellungsrestriktionen, über 200 Millionen Euro für Aus- und Weiterbildung sowie bessere Möglichkeiten für Quereinsteiger sollen helfen, einen Kollaps infolge des altersbedingten Personalverlusts der kommenden Jahre zu verhindern. Ein entsprechendes Konzept hat die Fraktion bei ihrer Klausur am Wochenende in Rheinsberg beschlossen. „Wenn Berlin dieses Thema nicht schnellstens angeht, wird der Staat in einigen Jahren nicht mehr funktionieren“, sagte Exwirtschaftssenator Harald Wolf. Alle Parteien hätten dieses Thema in den vergangenen zehn Jahren massiv unterschätzt.

Deshalb beschäftigen sich derzeit alle mit der Zukunft des öffentlichen Dienstes: Die SPD-Fraktion stellte Ende Januar fest, die Berliner hätten das Recht auf eine funktionierende Verwaltung. Und Innensenator Frank Henkel (CDU) warnte kürzlich bei der Senatsklausur, es seien intensive Kraftanstrengungen nötig, um die Verwaltung überhaupt funktionsfähig zu halten. Denn ob in den Senatsverwaltungen, Bezirksämtern oder bei der Feuerwehr: überall gehen in den nächsten Jahren reihenweise Mitarbeiter in den Ruhestand, in den nächsten 18 Jahren zwei Drittel aller Beschäftigten. Zugleich ist das Einsparungsprogramm des Senats fast beendet: Bis 2016 sollen die Senatsverwaltungen ihre Personalausstattung auf 80.000, die Bezirke auf 20.000 Vollzeitäquivalente reduzieren.

Die Linke kritisierte, wie der rot-schwarze Senat mit dieser Situation umgeht: Es brauche nicht mehr nur eine Identifikation der künftigen Bedarfszahlen in den einzelnen Behörden, sondern ein zentrales Personalentwicklungskonzept, sagte die Haushaltspolitikerin Manuela Schmidt: „Statt wie in der Vergangenheit zu fragen, welche Aufgaben der Staat überhaupt noch leisten soll, müssen wir untersuchen, welche Kompetenzen wir in welchen Bereichen brauchen werden, um einer so vielfältigen Stadt wie Berlin gerecht zu werden.“ Beschäftigte brauchten Zeit und Geld für Weiterbildung, um interkulturelle Kompetenzen, den Umgang mit demografischen Veränderungen und Möglichkeiten von Open Data nutzen zu können.

Zustimmung gab es seitens der Landeschefinnen von DGB und Ver.di, Doro Zinke und Susanne Stumpenhusen. „Wer glaubt, er kann die Probleme im öffentlichen Dienst mit dem Rechenschieber und Zahlenvorgaben lösen, der braucht einen kräftigen Realitätsschub“, sagte Stumpenhusen.

Beide Gewerkschaftschefinnen erinnerten die Linken aber auch daran, dass ein Großteil der Beschäftigten die Debatten über die Stärkung der Rolle des Staates, etwa bei den Wasserbetrieben oder in der Stromversorgung, kritisch sähen. „Viele fragen sich, was Berlin jetzt mit den Rekommunalisierungen überhaupt will; es hat die Betriebe samt Belegschaft doch schon einmal verhökert“, sagte Zinke. Gerade deshalb will die Linke den Senat in den Rekommunalisierungsdebatten antreiben. „Bisher entwickelt die SPD-Fraktion wilde Ideen, die der Senat dann wieder kassiert, während die CDU freundlich lächeln danebensitzt“, sagte der ehemalige Wirtschaftssenator Harald Wolf. Dabei erforderten gerade der Aufbau von Stadtwerken zur Stromerzeugung und die Übernahme des Stromnetzes erhebliche Investitionen, zu denen Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) bisher keinerlei Bereitschaft zeige. Das Stromnetz könne Berlin kaum noch übernehmen, ohne sich einen starken kommunalen Partner ins Boot zu holen. Infrage dafür kommt eigentlich nur die Thüga, ein Verbund von kommunalen Energieunternehmen, der unter den acht Bewerbern um die ausgeschriebene Stromnetzkonzession ist.

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