Impfstoff gegen Malaria: Das Problem der Bezahlbarkeit

2015 soll der erste Impfstoff gegen Malaria auf den Markt kommen – dank einer Finanzspritze. Denn die vollständige Immunisierung ist teuer.

Im vergangenen Jahr starben 584.000 Menschen an Malaria. Die Fiebermücke gilt als Krankheitsüberträger. Bild: dpa

BERLIN taz | 584.000 Tote allein wegen Malaria, jährlich und weltweit. 584.000 Menschen, das entspricht etwa der Einwohnerzahl einer Großstadt wie Düsseldorf, warnte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Dezember in ihrem „Weltmalariareport 2014“.

Moskitonetze, Medikamente und Schnelltests zur Diagnose hätten zwar, so die WHO, dazu beigetragen, die Zahl der Todesopfer seit 2009 (780.000 Tote) signifikant zu senken. Doch der wichtigste Schutz fehlt: ein Impfstoff für diejenigen, für die die Stiche der Anopheles-Mücke die größte Bedrohung darstellen – Kleinkinder unter sechs Jahren. Jetzt naht der Durchbruch: Der britische Pharmariese GlaxoSmithKline will 2015 von der europäischen Arzneimittelzulassungsbehörde EMA den weltweit ersten Impfstoff gegen Malaria bewerten und sodann in mehreren afrikanischen Staaten zulassen lassen.

„Ein Meilenstein“, sind sich Pharmalobbyisten wie der Verband forschender Arzneimittelhersteller und Nichtregierungsorganisationen wie Ärzte ohne Grenzen einig.

Der Impfstoff, für Kleinkinder entwickelt, zeigte in klinischen Studien, dass er zwar nicht 100-prozentig schützt, aber etwa jede zweite Infektion verhindern kann und zugleich den Verlauf der Krankheit abschwächt. GSK kündigte an, ihn zu einem Preis abzugeben, der fünf Prozent über den Herstellungskosten liege – und diese fünf Prozent würden anschließend in die Forschung zur Verbesserung des Impfstoffs fließen.

Ermöglicht wird diese für Pharmakonzerne ungewöhnliche Preispolitik auch deswegen, weil die Bill & Melinda-Gates-Stiftung den Löwenanteil der Forschungskosten übernommen hat. Als Mitglied der internationalen Impfallianz Gavi, deren Geberkonferenz am Dienstag in Berlin 7,5 Milliarden Dollar für die Impfstoffversorgung der ärmsten Länder weltweit einwerben will, dürfte sie sich auch um die Lieferkonditionen für den Impfstoff kümmern.

Teure Gegenmittel

Denn so unbestritten Impfungen zu den effizientesten Mitteln gegen Kindersterblichkeit zählen, gerade in Ländern mit extrem schlechter oder zusammengebrochener Gesundheitsversorgung wie beispielsweise im Südsudan, in der Zentralafrikanischen Republik oder in Syrien, so klar ist auch: Die Kosten für eine vollständige Immunisierung explodieren. Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen hat allein die Einführung neuer Impfstoffe, etwa gegen Pneumokokken, Durchfallerkrankungen oder Gebärmutterhalskrebs, den heutigen Preis für einen vollständigen Impfschutz auf das 68-fache des Preises von 2001 ansteigen lassen.

Die Ausgaben für die neuen, teuren Mittel schmälern das Gesamtbudget vieler Länder für Impfstoffe zur Grundimmunisierung, also gegen Kinderlähmung, Masern, Keuchhusten, Tetanus oder Diphterie.

Was aber macht Impfstoffe so teuer? Da sind die langen Entwicklungszeiten, argumentiert die Pharmaindustrie, die für Impfstoffe um die 20 Jahre betragen (zum Vergleich: rund 13,5 Jahre pro Medikament). Zudem brauchen Impfstoffstudien in der Regel mehr Teilnehmer als andere Arzneimittelstudien. Zwei Rota-Viren-Impfstoffe gegen schwere Durchfallerkrankungen, die unlängst auf den Markt kamen, wurden in der letzten Phase vor ihrer Zulassung jeweils mit mehr als 60.000 Kindern erprobt.

Zum Vergleich: Ein Krebsmedikament hat in dieser Phase rund 1.000 Studienteilnehmer, ein Mittel gegen Herzinfarkte oder Schlaganfälle 10.000 bis 25.000 Teilnehmer. Daneben sind Impfstoffe aufwendig in der Herstellung: Häufig muss mit Erregerkulturen gearbeitet werden, die nicht immer gleich gut gedeihen. Das macht ihre Qualitätskontrolle schwerer als beispielsweise die von chemisch-synthetischen Produktionen (HIV-Medikamente).

Impfung gegen Milzbrand

Im Jahr 2010 gingen laut europäischem Impfherstellerverband Vaccines Europe 44 Prozent aller Exporte der europäischen impfstoffproduzierenden Firmen an Hilfsorganisationen; diese 44 Prozent hätten aber nur 4 Prozent der Exportumsätze ausgemacht. Lieferungen an Hilfsorganisationen, so der Verband, erfolgten also schon jetzt zu günstigeren Konditionen als gewöhnliche. Die Frage, die auch die internationale Geberkonferenz beschäftigen dürfte, ist, ob das reicht.

Nach Angaben der forschenden Pharmaunternehmen sollen 2015 neben dem Malaria-Impfstoff eine Impfung gegen Milzbrand sowie eine weitere gegen Gebärmutterhalskrebs auf den Markt kommen. In der letzten Erprobungsphase befinden sich Impfstoffe gegen das lebensbedrohliche Denguefieber, gegen Ebola, gegen das Darmbakterium Clostridium difficile, gegen das Ross River Virus, das für Gelenkschmerzen und Erschöpfung sorgt, und gegen Pseudomasinfektionen an Lunge und Harnwegen.

In frühen Studienphasen stecken Impfstoffe gegen Tuberkulose, Noroviren, Hepatitis C, Borreliose, Herpes und multiresistente Staphylococcus-aureus-Bakterien.

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