Hockey-EM in Mönchengladbach: Immerhin live im Fernsehen

Die Zuschauerresonanz ist bei der gerade laufenden EM gut. Und das, obwohl sich in Deutschland für Clubhockey "kein Schwein" interessiert, wie Präsident Abel sagt.

"95 Prozent des Publikums hier kommen aus Hockey spielenden Familien", sagt Präsident Abel. Bild: reuters

MÖNCHENGLADBACH taz | Stephan Abel ist ein umtriebiger Mann, einer, der vorankommen möchte. Am vergangenen Freitag kandidierte der höchste Funktionär des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) für die Präsidentschaft der Europäischen Dachorganisation EHF. In einer Kampfabstimmung unterlag er seiner niederländischen Kontrahentin Mareike Fleuren mit 21:17 Stimmen. "Natürlich bin ich etwas enttäuscht", sagt Abel, nun verfolge er eben weiterhin "das Ziel, das Profil des Deutschen Hockey-Bundes im internationalen Hockey zu verbessern".

Allerdings hat der Kölner auf dieser Mission eine Art Endpunkt erreicht. Unter seiner Ägide wurde der Mönchengladbacher Hockey-Park eingeweiht, das modernste Stadion der Welt, er erlebte die Männer-Weltmeisterschaft im eigenen Land, diverse WM-Titel, einen Olympiasieg – und im Moment läuft die Europameisterschaft der Frauen und Männer in Mönchengladbach.

Die Hockeyklubs sind gesünder als alle die meisten Vereine anderer olympischer Spielsportarten, aber Abels Vision, den Hockeysport in seiner Bedeutung irgendwo in die Nähe von Basketball oder Handball zu führen, die hat der Hockey-Bund mittlerweile aufgegeben. "Wir wollen gar keine Volkssportart werden", sagt Torsten Bartels, der Vorstandssprecher des Nationalverbandes, das sei das "Ergebnis einer Selbstanalyse".

Abschreckendes Beispiel

Die von gewaltigen wirtschaftlichen Problemen überschatteten Expansionsversuche anderer Sportarten sind ein abschreckendes Beispiel. Arenen müssen bei größerem Publikumsinteresse erweitert oder in die Vorstädte umgesiedelt werden, und wenn es Geld zu verdienen gibt, wächst die Risikobereitschaft der Vereine, sich zu verschulden. All das wollen die Hockeymenschen nicht. Und deshalb bleibt die Familie weitestgehend unter sich, auch bei solch einem EM-Turnier wie in Mönchengladbach, an der einige der besten Mannschaften der Welt teilnehmen.

"95 Prozent des Publikums hier kommen aus Hockey spielenden Familien", sagt Abel, die Massen bewegt das schnelle Spiel mit dem kleinen Kunststoffball nur bei Olympia. Wenn bei der EM an Vorrundenspieltagen 5.000 Zuschauer kommen, von denen gut die Hälfte aus Belgien und Holland anreisen, wird das als großer Erfolg gewertet, und das ist gut verständlich eingedenk der Publikumsresonanz im Alltag. "Für Klubhockey in Deutschland interessiert sich kein Schwein", sagt Abel und illustriert diese These mit einem Beispiel: "Wir gewinnen Gold in Peking, acht Millionen Leute sehen das Im Fernsehen. Dann ist das erste Spiel der neuen Saison: Club an der Alster gegen Rot-Weiß Köln. Da spielen elf Olympiasieger mit, das ist Hockey auf Weltniveau, und dann stehen da 250 Zuschauer."

Quoten gar nicht so schlecht

Irgendwie will es dieser Sportart einfach nicht gelingen, ein nachhaltiges Interesse zu wecken, und deshalb sind die Damen und Herren vom Hockey-Bund verdammt stolz, dass sie wenigstens Live-Übertragungen aller EM-Spiele der deutschen Mannschaften im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verabreden konnten. Die Kosten für die Produktion des TV-Signals trägt allerdings der Verband, "das ist unser größtes Investment des Turniers, dafür bezahlen wir so um die 200.000 Euro", sagt Abel. Und die Quoten sind gar nicht einmal schlecht, das Spiel der deutschen Männer gegen Belgien, das am Samstag in der ARD lief, sahen 700.000 Leute, ein Marktanteil von sechs Prozent.

Ein ähnliche Resonanz finden die Übertragungen der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft, die eine feste Instanz im öffentlich-rechtlichen Fernsehen sind. "Leider haben wir in den öffentlich-rechtlichen Anstalten niemanden, der so Hockey-affin ist, dass er das promotet", meint Abel, Klubhockey findet daher im Fernsehen so gut wie gar nicht statt.

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