Hilfsprogramm für Griechenland: In Athen droht eine neue Zitterpartie

Die Gespräche über das Hilfsprogramm für den überschuldeten Staat sind vorläufig gescheitert. Tsipras fordert einen EU-Sondergipfel.

Mehrere Männer sitzen und stehen vor einer abstrakten Skulptur

Protest gegen die Kreditgeber mit Kunst und Fahne Foto: ap

ATHEN taz | Es war ein Wechselbad der Gefühle: Kaum hatten die Regierenden in Athen nach langen Verhandlungsrunden am Wochenende verkündet, sie hätten sich mit den Geldgebern zu 90 Prozent über das weitere Vorgehen geeinigt, wurde ein für Donnerstag vorgesehenes Sondertreffen der Euro-Finanzminister zu Hellas abgesagt. Dafür fordert Regierungschef Tsipras nun einen EU-Gipfel in der offensichtlichen Hoffnung, mit den EU-Partnern auf höchster politischer Ebene über das griechische Hilfsprogramm verhandeln zu können.

Eine Mitschuld am Scheitern der Gespräche weist die Athener Regierung vehement zurück. Die Verantwortung dafür trage vor allem der Internationale Währungsfonds (IWF), der auf zusätzliche Sparmaßnahmen bestehe, heißt es in Athen. Dies wiederholte Regierungssprecherin Olga Gerovassili am Mittwoch.

Der Hintergrund: Bereits bei ihrem letzten Treffen am vergangenen Freitag in Amsterdam verlangten die Eurofinanzminister von Griechenland die Vorbereitung zusätzlicher Kürzungen und Sparmaßnahmen im Umfang von 3,6 Milliarden Euro. Sie sollen erst dann greifen, wenn Hellas die vorgesehenen Budgetziele bis zum Jahr 2018 nicht erreichen sollte.

Diese „Notfallmaßnahmen“ gehen weit über das hinaus, was Griechenland und seine Gläubiger im Sommer 2015 vereinbart haben. Tsipras geht das gegen den Strich: Zum einen erklärt der Regierungschef, Gesetze für den Eventualfall zu erlassen, sei verfassungswidrig. Zum anderen argumentiert Tsipras, es sei doch ein falsches Zeichen für potenzielle Investoren, wenn die EU-Partner Griechenland im Voraus für unfähig erklären, die eigenen Haushaltsziele erreichen zu können.

Spekulationen über Neuwahlen

„Wollen die uns veräppeln oder vielleicht unser Land zum Euroaustritt zwingen?“, entrüstet sich die linksliberale Zeitung der Redakteure. Und selbst das einst regierungskritische Blatt Ethnos zeigt Verständnis für die Forderung des Linkspremiers nach einem EU-Sondergipfel: „Anscheinend kann man die Umsetzung der Vereinbarungen (mit den EU-Partnern) nur noch auf höchster politischer Ebene sichern“, gibt das Blatt zu bedenken.

Unterdessen machen in Athen Spekulationen über Neuwahlen oder gar ein neues Referendum zum Sparprogramm die Runde. Gibt es eine Neuauflage der Zitterpartie vom vergangenen Sommer?

Noch wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Doch offenbar will sich der gewiefte Taktiker Tsipras, wie so oft in der Vergangenheit, alle Optionen offenhalten: Nach dem griechischen Osterfest, das nach orthodoxem Ritus erst an diesem Sonntag gefeiert wird und nach dem Willen der Regierung am liebsten ohne Krisengespräche und Untergangsszenarien verlaufen sollte, könnte er durchaus einen Gang zurückschalten. Dann könnte er einer Einigung mit den Geldgebern im letzten Moment doch noch zustimmen. Das wäre spätestens Anfang Mai.

Oder aber: Tsipras könnte die Flucht nach vorne ergreifen und die Wähler an die Urnen rufen – mit dem erklärten Ziel, einen starken Auftrag für die weiteren Verhandlungen erhalten zu wollen. 2015 lässt grüßen.

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