Hartes Brot: Zahlmeister der Filmkunst

Der Bremer Produzent Peter Roloff hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Art von Filmen zu ermöglichen, die schwer zu verkaufen sind, vor allem filmische Essays

Ist nun doch noch bei den Tönen gelandet: Der Bremer Produzent Peter Roloff. Foto: Xavier Ballester

BREMEN taz | Der Produzent hat wohl den undankbarsten Job in der Filmbranche. Bei den Kreativen ist er oft unbeliebt, denn er ist derjenige, der ihnen sagt, was alles nicht geht, weil es zu teuer ist. Er ist der Kaufmann, der rechnet und organisiert, während die anderen Kunst machen. Peter Roloff meint, dass 95 Prozent seiner Arbeit aus „Administration, Kalkulation und E-Mail-Verkehr“ bestehen. Um einen Film zu realisieren, ist viel „disziplinierte Büroarbeit“ nötig – er sagt auch „Sesselpupsen“ dazu.

Seine neueste fertige Produktion ist der animierte Dokumentarfilm „1917 – Der wahre Oktober“. Eine schweizerisch-deutsche Koproduktion, bei der die Postproduktion weitgehend in Bremen gemacht wurde, weil die niedersächsisch-bremische Filmförderung „Nordmedia“ den Film mitfinanziert hatte und die so gezahlten Mittel auch jeweils im Land des Gebers wieder ausgegeben werden müssen. Sounddesign, Bild- und Tonbearbeitung wurden von kleinen Betrieben und Filmhandwerkern in der Stadt gemacht und Roloff hat all das organisiert. „Unsexy“ nennt er selber diese Arbeit, aber sie ist eben nötig.

Schon als Kleinkind mittendrin

Und er kennt sie von klein auf, denn sein Vater war der Musikproduzent Wolfgang Roloff. Der war in den 60er Jahren unter dem Namen Ronny ein erfolgreicher Schlagersänger („Kleine Annabell“) und investierte seine Gewinne in eines der ersten unabhängigen Tonstudios des Landes. Dort produzierte er die Hits von Heintje und Rudi Carrell.

Der kleine Peter war schon als Kleinkind mittendrin. Für ihn seien das keine Stars gewesen, sagt er, sondern bei ihnen habe immer eine „Kaffee-und-Kuchen-Atmosphäre“geherrscht. Als er größer wurde und sein Vater ihm anbot, das Studio als Familienbetrieb weiterzuführen, lehnte er ab, denn dort war es ihm „zu gemütlich“.

„Unsexy“ nennt der Produzent seine Arbeit, aber sie ist eben nötig

Er studierte „Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation“ in Berlin, ging dann aber nicht, wie die meisten seiner Kommilitonen, in die Werbung, sondern blieb erst einmal als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni, um sich 1995 mit der Filmproduktionsfirma „Maxim-Film“ selbstständig zu machen.

Dabei half dann schon der Vater, denn die Firma wurde an dessen Betrieb angegliedert und Peter Roloff konnte Räume des Tonstudios nutzen. Doch entscheidender sei gewesen, dass er „aus den Erfahrungen“ mit dem Vater schöpfen konnte, denn im Grunde sei es die gleiche Art von Arbeit und er habe sie „vorgelebt gesehen“. Roloff wollte ursprünglich eigene Filme inszenieren und er bezeichnet sich selbst auch lieber als „Filmemacher“.

Kein Gespür fürs Populäre

Doch dann hatte er einige interessante Projekte von anderen Regisseuren auf dem Schreibtisch, von denen er genau wusste, dass nichts aus ihnen werden könnte, wenn er sich nicht um sie kümmern würde. Und so begann eher zufällig seine Arbeit als Produzent. Zuerst mit Kurzfilmen, von denen gleich der erste auf der Berlinale gezeigt wurde und einige auch international erfolgreich waren. 2002 war die Dokumentation „Musterdorf mein Musterdorf“ der erste von ihm produzierte Langfilm.

„Maxim Film“ hat auch Büroräume in Berlin, das inzwischen, auch aus privaten Gründen, der Lebensmittelpunkt von Roloff ist. Doch er pendelt fast wöchentlich zwischen beiden Städten. Inzwischen hat Roloff zwar nicht das Tonstudio des Vaters, aber die musikverlegerischen Tätigkeiten übernommen. Er ist also für die Auswertung der Musikrechte verantwortlich. Immer, wenn etwa ein Lied von Heintje Simon im Radio gespielt wird, kommt so ein wenig Geld in seine Kasse.

Das Gespür für das Populäre hat er aber augenscheinlich nicht von seinem Vater geerbt, denn er konzentriert sich darauf, „kulturelle und künstlerische“ Filme zu produzieren, bei denen „dafür gearbeitet werden muss, dass sie ein Publikum finden“. Roloff macht vor allem Essayfilme, bei denen die Grenzen zwischen Dokumentation und Spielfilm durchlässig werden – also nicht die Art von Produktionen, mit denen viel Geld zu machen ist. Stattdessen streckt er für die Vorbereitungen oft Geld vor und muss immer damit rechnen, fünfstellige Summen zu verlieren. Denn nur etwa ein Drittel seiner Projekte wird schließlich auch zum Abschluss gebracht.

Suche nach „teutonischer Republik“

Durchschnittlich alle zwei Jahre kommt so ein von ihm produzierter Langfilm in die Kinos oder ins Fernsehen. Wie jeder Produzent trägt er also ein erhebliches Risiko, das er inzwischen versucht, so gering wie möglich zu halten. „Meine Hosentaschen sind mehr zugenäht als früher“, sagt er dazu.

Zu seinen interessantesten Produktionen zählt die Dokumentation „All About Tesla“ von Michael Krause über den Erfinder und Konkurrenten Edisons, Nikola Tesla. Und vor drei Jahren gelang es Roloff dann doch, mit „Aufbruch in die Utopie“ einmal alle seine Hüte gleichzeitig zu tragen, denn in dem Reisefilm, bei dem er sich auf die Suche nach einer „teutonischen Republik“ in den USA des 19. Jahrhunderts machte, war er nicht nur Produzent, sondern auch für Buch, Kamera und Regie verantwortlich.

Zurzeit arbeitet Roloff an sechs Produktionen, von denen die spannendste nichts mit Film zu tun hat. Bei dem Projekt „Scape“ wird eine Audio-Anwendung entwickelt, die es möglich macht, über Smartphones Klänge so in Räumen zu platzieren, dass der Eindruck entsteht, sie hätten dort eine reale Schallquelle. Die Wirkung soll ähnlich frappierend sein wie bei den 360-Grad-Seherfahrungen mit Virtual-Reality-Brillen. Für Roloff schließt sich damit ein Kreis, denn nun ist er doch bei den Tönen gelandet.

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