Harburger Naturschutzgebiete: Libellen statt Logistik

Der Senat hat die Neuländer Moorwiesen in Harburg als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Fast zehn Prozent der Landesfläche steht nun unter Schutz

Neuländer Moorwiesen: Zwischen A1, Kirchdorf Süd, Fünfhausen und Großmoor Foto: BUE/Aufwind

Der Senat hat gestern ein neues Naturschutzgebiet ausgewiesen: die als Brutgebiete von Wiesenvögeln dienenden Neuländer Moorwiesen in Harburg. Die insgesamt rund 250 Hektar große Fläche ist das 34. Naturschutzgebiet in Hamburg. Damit sind nun fast zehn Prozent der Landesfläche geschützt – laut Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) ist dies „ein weiterer Erfolg und bundesweiter Rekord“.

Die Neuländer Moorwiesen liegen an der Unterelbe, östlich angrenzend an die Autobahn A1. Im Süden und Osten grenzen sie an Niedersachsen. Besonders wegen der direkten Nähe zur Autobahn war die Ausweisung als Naturschutzgebiet umstritten: „Das weckte Begehrlichkeiten der Wirtschaftsbehörde“, sagt Kerstan, weil es in der Vergangenheit Pläne über den Bau eines Logistikparks an dieser Stelle gab. Auch wurde nachträglich ein etwa 40 Meter breiter Streifen zur Autobahn nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen, um kommende Ausbauarbeiten an der Autobahn zu ermöglichen.

NaturschützerInnen hatten in der Vergangenheit den ökologischen Wert der Fläche aufgrund seiner Feuchtwiesen und ihre besondere Eignung als Brutgebiet von Wiesenvögeln hervorgehoben. So leben elf Vogelarten – etwa Kiebitze, Rotschenkel und Bekassinen – auf dem Gebiet, die auf der roten Liste bedrohter Tierarten stehen. Auch 33 gefährdete Libellenarten sowie 74 dort ansässige bedrohte Pflanzenarten sollen durch die Ausweisung geschützt werden. Insgesamt seien laut Kerstan vier Fünftel der Fläche wertvolle bis hochgradig wertvolle Biotope.

„Wir begrüßen die Entscheidung des Senats“, sagt deshalb auch Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg. Allerdings dürfe die Ausweisung keine Rechtfertigung zu weiterer massiver Flächenversiegelung sein. „Aktuell sind allein durch laufende Bebauungspläne über 200 Hektar wertvolle Grünachsen und Landschaftsschutzgebiete bedroht“, sagt Braasch. Auch Kerstan gestand ein, dass sich die Ausweisung der Neuländer Moorwiesen angesichts des massiven Drucks am Wohnraummarkt in der Stadt als schwierig gestaltete. Nachdem Anfang des Jahres die Allermöher Wiesen mit einer Fläche von 106 Hektar ausgewiesen wurden, steht im kommenden Jahr noch ein weiteres Gebiet an: das Naturschutzgebiet Duvenwischen in Volksdorf. Damit hätte der Senat auch sein im Koalitionsvertrag beschlossenes Ziel an ausgewiesenen Naturschutzgebieten erreicht.

Die 34 Hamburger Naturschutzgebiete liegen großteils nahe der Landesgrenzen.

Insgesamt steht in Hamburg nun eine Fläche von 7.100 Hek­tar unter Naturschutz.

Das Flottbektal ist gerade einmal sieben Hektar groß, die Kirchwerder Wiesen sind mit 860 Hektar am größten.

Der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer hat eine Fläche von fast 14.000 Hektar.

1952 wurde erstmals ein Naturschutzgebiet ausgewiesen.

Laut Umweltsenator Kerstan sei die Ausweisung im Einklang mit den Landwirten gewesen. „Es ist damit sichergestellt, dass aus den Landwirtschaftsflächen kein Bauland wird“, sagt Kerstan. Der Geschäftsführer des Hamburger Bauernverbandes, Carsten Bargmann, kritisiert allerdings, dass die Ausweisung „in erster Linie eine Enteignung der Landwirte“ sei. Da schon vorher ein Großteil des Feuchtlandes in den Moorwiesen als Ausgleichsflächen für Bauprojekte andernorts ausgewiesen waren, sei eine intensive landwirtschaftliche Nutzung sowieso nicht möglich.

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