Haltbarkeit von Windkraftanlagen: Erodierende Rotoren

Rotorblätter von Offshore-Windkraftanlagen verschleißen schneller als gedacht. In Dänemark werden einige nun abmontiert und an Land gebracht.

Windräder im Windpark Nordsee Ost, 30 km vor Helgoland (Schleswig-Holstein)

Nicht ganz standhaft bei Salz und Wetter: Offshore-Windkraftanlagen Foto: dpa

STOCKHOLM taz | Tausende Offshore-Windkraftanlagen in Nordsee und Kattegat altern schneller als gedacht. Vorderkante und Spitze der Rotorblätter sind durch die Einwirkung von Salzpartikeln und Regentropfen nach nur wenigen Betriebsjahren so verschlissen, dass sie ausgetauscht oder repariert werden müssen.

Allein bei der dänischen Energiegesellschaft Ørsted, der ehemaligen staatlichen Dong-Energy, sollen in dänischen und britischen Gewässern an rund 2.000 Windenergieanlagen unerwartete Schäden festgestellt worden sein, 111 davon im Windpark Anholt im Kattegat, einem der weltweit größten und Dänemarks leistungsstärkstem Offshore-Windkraftpark.

Wie die dänische Tageszeitung Jyllands-Posten jetzt berichtet, sollen an den dortigen Anlagen fast 300 jeweils 59 Meter lange Rotorblätter betroffen sein. Normalerweise gehe man bei solchen Komponenten von einer Einsatzdauer von mindestens 20 Jahren aus, zitiert die Zeitung einen Windkraftexperten, diese seien jedoch erst seit 2013 in Betrieb. Man habe offenbar unterschätzt, wie die Kombination aus hoher Geschwindigkeit und den am fraglichen Standort oft herrschenden harten Witterungsbedingungen mit einem dem Sandstrahlen vergleichbaren Effekt auf die Blätter einwirken könnten.

Die beschädigten Rotorblätter sollen nun abmontiert und von Spezialschiffen an Land gebracht werden. Eine teure, zeitaufwändige und witterungsabhängige Aktion. In der Siemens-Gamesa-Fabrik in Aalborg sollen die Blätter repariert und mit einer neu entwickelten Polymer-Schutzschicht versehen werden. Sie soll die Aufprallenergie von Regentropfen und Salzpartikeln absorbieren und dadurch die Blattvorderkante und -spitze besser vor Erosion schützen.

Hersteller zur Verantwortung ziehen

Über die Kosten dieser Reparaturmaßnahme hätten sich Ørsted und Siemens Gamesa nach langen Verhandlungen geeinigt, berichtet Jyllands-Posten. Offenbar übernehme Siemens Gamesa den Löwenanteil, da die Schäden innerhalb der branchenüblichen fünfjährigen Garantiezeit des Herstellers aufgetreten seien. Beide Firmen wollten sich dazu nicht äußern.

Börsenanalytikern war jedoch aufgefallen, dass die dänische Tochter von Siemens Gamesa in den letzten Jahren mit rund 750 Millionen Euro einen auffallend hohen Anteil – 16 Prozent des Umsatzes – für Rückstellungen zur Finanzierung von Garantieleistungen reserviert hatte. Neben den 111 Windkraftanlagen für den Anholt-Park hat Siemens 630 weitere an Dong-Energy geliefert.

Laut der Betreiberfirma Ørsted lässt sich das „Sandstrahl-Problem“ nicht an bestimmten Windkraftmodellen oder einem speziellen Design der Blätter festmachen. Im Fall Anholt könne wohl der Hersteller zur Verantwortung gezogen werden, weil sich die Schäden innerhalb der Garantiezeit gezeigt hätten; das sei aber auch erst nach zehn Jahren möglich, und dann sorgten die technischen Risiken für ein böses Erwachen bei Betreibern und Investoren, warnt der Anlageberater Gert Nielsen gegenüber Jyllands-Posten: Je weiter die Windparks vom Land entfernt seien, desto teurer werde das.

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