Härte statt Freiwilligkeit: Alles falsch bei taz.zahl ich?

Unser freiwilliges Bezahlmodell ist ein Erfolg und vielen BranchenkollegInnen unverständlich. Scheint doch eines längst Konsens: LeserInnen müssen zahlen.

Bild: Sébastien Launayi/flickr (CCBY2.0)

Mit welchen Modellen funktioniert das Geldverdienen mit Journalismus im Internet am besten? Die dänische Hochschule für Journalismus und Medien hat Anfang Oktober VertreterInnen von zehn Medienhäusern eingeladen, auf einer Konferenz in Kopenhagen ihre Erfahrungen dazu zu teilen. Unser Projekt taz.zahl ich fiel dabei völlig aus der Reihe.

JedeR dritte InternetnutzerIn (34 Prozent) in Deutschland hat 2014 im Internet für redaktionelle Inhalte bezahlt, 2013 waren es nur 25 Prozent.

„Können die LeserInnen ein Online-Angebot so sehr lieben, dass sie freiwillig zahlen?“

Vielleicht kommt der Anstieg daher, dass immer weniger Verlage den LeserInnen eine Wahl lassen. Die meistgenutzten Bezahlmodelle sind dabei „Freemium“ und das „Metered Model“, wie sich auf der Konferenz zeigte.

Laut dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger BDZV nutzen mit 65 von 112 die meisten deutschen Zeitungen das Freemium-Modell, bei dem ein Großteil des Inhalts frei zugänglich ist, besonderer Content aber bezahlt werden muss.

Das Metered Model nutzen 39 Medienhäuser. Hier werden UserInnen aufgefordert zu bezahlen, nachdem sie eine bestimmte Anzahl von Artikeln umsonst gelesen haben.

Eine „Harte Bezahlschranke“, die sich erst nach Bezahlung öffnet, haben sechs Online-Portale. Die Konferenzvorträge zeigten auch, dass die Verlage ihre Inhalte verstärkt wirtschaftlichen Überlegungen unterwerfen. Obwohl sich dieser Trend besonders bei Boulevardmedien zeigt, ist er bedenklich.

taz macht alles falsch?

Denn Artikel werden nicht mehr nur nach ihrer journalistischen Qualität bewertet, sondern nach Klickzahlen. Diese können OnlineredakteurInnen in Echtzeit am Arbeitsplatz einsehen. Was sich nicht gut klickt, wird an den Geschmack der UserInnen angepasst.

Eine weitere besorgniserregende Entwicklung: Häufig geht es den Verlagen darum, Daten ihrer LeserInnen zu sammeln. Dafür werden bestimmte Vorteile für angemeldete NutzerInnen auch ohne Bezahlung freigeschaltet.

Die sogenannte Conversion in zahlende UserInnen wird später auf Basis der gesammelten Daten vorangetrieben. Die Ergebnisse lassen eigentlich nur darauf schließen, dass „taz.zahl ich“ alles falsch macht: Kein Kommerztraining für JournalistInnen, kein Tracking, kein Bezahlzwang.

Aber das Online-Bezahlmodell für taz.de ist erfolgreich und wächst. Wie ist das möglich? Der Veranstalter kündigte die Vorstellung unseres Modells unter dem Titel an „Können die LeserInnen ein Online-Angebot so sehr lieben, dass sie freiwillig zahlen?“. Sieht ganz so aus. Danke dafür an alle UnterstützerInnen!

NICOLAI KÜHLING ist Mitarbeiter des Projekts taz.zahl ich und stellte es auf dem Kongress in Kopenhagen vor.