Gutachten empfiehlt Schrumpfkur: Weserburg soll kaputtgespart werden

Ein neues Gutachten für das Museum Weserburg votiert für einen Verbleib auf dem Teerhof – und eine radikale Verkleinerung. Übrig bliebe eine Ausstellungshalle.

Soll sich gesundschrumpfen: Weserburg auf dem Bremer Teerhof. Bild: dpa

BREMEN taz | Die Abwicklung der Weserburg kommt – wenn auch scheibchenweise. Das ist das Ergebnis des gestern vorgestellten Gutachtens zur Zukunft des finanziell angeschlagenen Museums für moderne Kunst.

Verfasst hat es der früherer Direktor des Münchner Lenbachhauses, Helmut Friedel. Er favorisiert einen Verbleib des Museums am bisherigen Standort auf dem Teerhof – in kleineren Räumen und mit verändertem Konzept. In der kommenden Woche wird das Gutachten in der Kulturdeputation beraten. Der kulturpolitische Sprecher der Linkspartei, Peter Erlanson, hatte vor Tagen bereits von einer „Beerdigung erster Klasse“ gesprochen.

Seit Jahren schon ist das Trauerspiel um das Museum zu beobachten. Architekten und Experten haben sich immer wieder um die Zukunft des Museums Gedanken gemacht. Umzüge in Überseestadt und Wallanlagen oder eine Zusammenlegung mit der Kunsthalle beschäftigten und verunsicherten Museum und Öffentlichkeit. Die neusten Ergebnisse dieser „Bemühungen“ finden sich in Friedels Gutachten. Als Ergänzung dessen wurde gestern eine als „Schlussfolgerungen“ betitelte Schrift des Stiftungsratsvorsitzenden Klaus Sondergeld vorgestellt.

Von ihm erhielt Friedel im letzten Jahr den Auftrag einer Einschätzung zu Lage und Ausrichtung des Museums. Zu beidem äußerte sich der Gutachter in Grundzügen positiv: Das Museum sei mit seinem Programm, namentlich den von Interimsdirektor Peter Friese ins Leben gerufenen Ausstellungen der jungen Sammlungen, auf einem guten Weg. Auch die Teerhofinsel als Standort befindet er mit ihrer zentralen Lage und inmitten des Ensembles aus Gesellschaft für Aktuelle Kunst und Studienzentrum als einen ausgezeichneten Standort. Auch eine neue Direktorenstelle wird in dem Gutachten gefordert. Friedels wohlwollende Einschätzungen stoßen auf dem Teerhof verständlicherweise auf Gegenliebe.

Musste die Bremer Kunstszene wirklich darauf warten? Ähnliche Einschätzungen gibt es hier seit Jahren. Für die Beantwortung der Frage, ob die drei auf dem Teerhof beheimateten Kunstinstitutionen in die Wallanlagen zu stopfen gewesen wären, hätte einfacher Menschenverstand ausgereicht. Wie hoch das Honorar ausfällt, das Friedel nun bekommt, ist unklar. Überhaupt sind in den letzten Jahren auf Kosten des Museums derartig viele Gutachten in Auftrag gegeben worden, dass Friese davon wohl so manche Ausstellung hätte bestreiten können.

In Friedels Gutachten wird eine Möglichkeit angedeutet, die Sondergeld gerne aufgreift: die Umwandlung des Museums in eine einfache Ausstellungshalle. Darin liegt der Knackpunkt: Sollte das Haus den Status eines Museum einbüßen, wäre der Stiftungszweck dahin und einer Schließung stünde prinzipiell nichts mehr im Wege. Dem Museum stehen derzeit mehrere private Sammlungen zur Verfügung, aus denen es seine Präsentationen generiert. In der Praxis funktioniert das Konzept recht gut. Man kann bei einem Museumsbesuch auf mehreren Etagen Beispiele verschiedener Kunstrichtungen der letzten 50 Jahre bewundern.

Hat Sondergeld seine bescheidene Vision realisiert, ist es auch mit dieser Vielfalt vorbei. Denn die sieht eine radikale Verkleinerung der Ausstellungsfläche von derzeit 5.500 auf knapp 1.500 Quadratmetern vor. Das Haus würde seine Attraktivität verlieren. Perfide dabei ist die Tatsache, dass es die Aufgabe des Stiftungsratsvorsitzenden wäre, für das Wohl des Museums zu sorgen, nicht es kaputt zu sparen. Der Betriebsrat des Museums kündigte dazu für den Freitag eine Pressekonferenz an. Geprüft wird derzeit, ob Sondergeld seine Amtspflichten verletzt hat.

Sondergelds Argument ist die schlechte finanzielle Ausstattung des Hauses. Gegen die vorzugehen, wäre aber seine Aufgabe – auch gegenüber der Stadt. Im Vergleich zu anderen Bremer Museen steht die Weserburg finanziell schlecht da: In den vergangenen zehn Jahren wurde der Etat bei der Kunsthalle um eine knappe Million erhöht, beim Überseemuseum fast eine halbe Million. Bei der Weserburg wurden 100.000 Euro eingespart.

■ Der Autor ist Betreiber der Galerie K’ in Bremen
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