Gruppenvergewaltigung in Indien: Vergewaltiger schuldig gesprochen

Ein Gericht hält die vier Angeklagten für schuldig, verhängt aber noch kein Strafmaß. Die Angehörigen fordern die Todesstrafe, die Verteidigung will Berufung.

Großes Interesse: Polizeiabsperrung vor dem Gerichtstgebäude in Delhi. Bild: dpa

DELHI taz | Den Eltern des Opfers standen nach der Urteilsverkündung die Tränen in den Augen. Kurz zuvor hatte ein Sondergericht in der indischen Hauptstadt Neu Delhi die vier Angeklagten für schuldig befunden, im Dezember ihre Tochter mit einem Bus entführt, vergewaltigt und so schwer misshandelt zu haben, dass sie an ihren Verletzungen starb.

Das Strafmaß soll in den kommenden Tagen bekanntgegeben werden. Den Verurteilten im Alter von 19 bis 26 Jahren droht die Todesstrafe.

„Das sei die einzig mögliche Strafe für diese Männer, die ein solch abscheuliches Verbrechen begangen haben“, erklärte der Bruder des Opfers am Dienstag. „Wir werden nichts anderes akzeptieren, auch keine lebenslange Haftstrafe.“

Die Verteidiger der Täter kündigten dagegen an, den Schuldspruch juristisch anzufechten. Bereits Ende August hatte ein Gericht einen minderjährigen Tatbeteiligten zu drei Jahren Arrest verurteilt, der Höchststrafe nach indischem Jugendstrafrecht.

Mutmaßlicher Haupttäter erhängt aufgefunden

Der mutmaßliche Haupttäter war bereits im März erhängt in seiner Zelle im Delhier Tihar-Gefängnis gefunden worden. Wärter sprachen anschließend von Selbstmord gesprochen. Die genauen Todesumstände wurden jedoch bislang nicht offiziell geklärt.

Die brutale Vergewaltigung und der Tod der 23-jährigen Studentin hatte Massenproteste in Indien ausgelöst. Wochenlang gingen vor allem junge Leute auf die Straßen.

Die Medien berichteten ausführlich und boten die Plattform für eine Debatte über sexuelle Gewalt und die Rolle von Frauen und Mädchen in der indischen Gesellschaft. Sicherheitsbehörden und Regierung sahen sich auch aufgrund des starken öffentlich Drucks gezwungen, den Prozess schnell auf den Weg zu bringen und das bestehende Strafrecht zum Teil erheblich zu verschärfen.

Hartes Urteil zur Abschreckung gefordert

Frauenrechtlerinnen begrüßten den Schuldspruch. Oftmals würden Vergewaltiger nicht für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen, erklärt Ranjana Kumari, Direktorin des Zentrums für Sozialstudien in Delhi. Eine hartes Urteil gegen diese Männer könne daher die Botschaft aussenden, "dass es keinerlei Toleranz bei sexueller Gewalt gegen Frauen gibt und die Vergeltung schnell und heftig kommt".

Nach Angaben von Aktivistinnen sind vor indischen Gerichten noch immer mehr als 100.000 Verfahren wegen sexueller Gewalt anhängig. Allein 2012 gab es laut offizieller Kriminalstatistik fast 25.000 Vergewaltigungen im Land. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen, da viele Opfer aus Scham oder Angst vor einer Anzeige zurückschrecken.

„Der Alltag der indischen Frauen bleibt gefährlich“, beklagt Nandini Rao vom Bürgerkollektiv gegen sexuelle Gewalt in Delhi. Fast täglich gebe es Meldungen von Übergriffen. Politiker äußerten sich dann zwar zumeist tief betroffen, doch dieses Betroffenheit werde nicht in politisches Handeln übersetzt.

„Es wird zu wenig getan, um unsere Städte und Dörfer sicherer für Frauen zu machen“, findet Rao. „Außerdem fehlt es an politischem Willen, die gesellschaftlichen Ursachen von Gewalt gegen Frauen zu benennen und zu beseitigen.“ Auch der viel beachtete Prozess gegen die Vergewaltiger von Delhi habe daran bislang kaum etwas geändert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.