Grün-Schwarz in Baden-Württemberg: Bitte recht bürgerlich

Grüne und CDU einigen sich auf ein ausgeglichenes Regierungsprogramm. Ressortzuschnitt und Personalien werden am Montag bekanntgegeben.

Doppelporträt Strobl und Kretschmann

Thomas Strobl (CDU, li.) und Winfried Kretschmann am Mittwoch in der Villa Reitzenstein Foto: dpa

STUTTGART taz | Es war eine lange Nacht, erst um halb zwei verliessen die letzten potenziellen schwarzgrünen Koalitionäre den Verhandlungsort. Aber nach sechs Wochen teils zäher Verhandlungen zwischen den Südwest-Grünen und ihrem Juniorpartner CDU scheint nun auch in Baden-Württemberg der Durchbruch geschafft.

Der Koalitionsvertrag steht in allen wesentlichen Punkten und zeichnet das Bild einer breiten bürgerlichen Koalition. In dem Vertragswerk, das über 150 Seiten schwer sein soll, findet sich sowohl das Bekenntnis, dass in der Drogenpolitik das Prinzip „Hilfe vor Strafe“ gelten muss, als auch Passagen zu Heimatvertriebenen. Eine der härtesten Auseinandersetzungen in den streng abgeschirmten Verhandlungen war offenbar das Thema Stuttgart 21. Die CDU wollte den von der früheren Landesregierung beschlossenen Kostendeckel aufweichen, um das Land an künftigen Mehrkosten zu beteiligen. Damit konnte sie sich offenbar nicht durchsetzen. Auch wird die Bildungspolitik der früheren grün-roten Regierung offenbar unter grün-schwarz fortgesetzt.

Die Gemeinschaftsschulen erhalten eine Bestands- und Entwicklungsgarantie, dafür setzte die CDU eine Stärkung der Realschulen durch. Bei der inneren Sicherheit konnte die CDU mit mehr Stellen für die Polizei und dem Verzicht auf die Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamten punkten. Lauschangriff und Vorratsdatenspeicherung kommen, stehen aber immerhin unter Richter-Vorbehalt.

Insgesamt ist die künftige grün-schwarze Regierung stark von der Schuldenbremse geprägt, die ab 2020 bundesweit gilt, für Baden-Württemberg – Stichwort nachhaltige Finanzpolitik – aber schon ab 2017 gelten soll. Vor allem für die CDU war der Blick in die Haushaltskasse eine frustrierende Erfahrung. Viele ihrer Wahlversprechen fallen der Schuldenbremse zum Opfer. Einig wurden sich die potenziellen Koalitionspartner darin, die freien Mittel für Infrastrukturprojekte, wie schnelleres Internet im ländlichen Raum, aber auch Schnellradwege in Ballungsgebieten und eine Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs einzusetzen.

Offen ist bisher der Zuschnitt der Ministerien, wie auch das Personaltableau. Beides soll am Wochenende fixiert werden. Spannend wird sein, ob die CDU ihr Wahlversprechen einhalten kann, die Hälfte ihrer Ministerposten mit Frauen zu besetzten. Seit sich abzeichnet, dass sowohl der Landesvorsitzende Thomas Strobl als auch der glücklose Spitzenkandidat Guido Wolf ins Kabinett einziehen, bleibt für einen angemessenen Frauenanteil immer weniger Spielraum. Auch bei den Grünen gelten bisher nur männliche Minister als gesetzt.

Am kommenden Montag wollen Strobl und Kretschmann den grün-schwarzen Koalitionsvertrag der Öffentlichkeit präsentieren.

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