Gigaliner alternativ zum Schienenverkehr: Klagen gegen überlange Lkws

Seit Jahresbeginn dürfen sogenannte Gigaliner auf deutschen Straßen fahren. Bahn- und Umweltverbände protestieren dagegen.

Ein überlanger LKW fährt auf einer Autobahn.

So lang wie eine Bahn im Hallenbad: die Gigaliner Foto: ap

BERLIN taz | Seit dem 1. Januar dürfen sie auf Deutschlands Straßen: Gigaliner, die besonders langen Lkws. Sie können Güter aller Art transportieren – und verstoßen in genau diesem Punkt gegen EU-Recht, argumentieren Bahn- und Umweltverbände. Ein Bündnis aus Allianz Pro Schiene, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) klagt jetzt gegen die Zulassung.

Am 1. Januar hatte das Bundesverkehrsministerium die langen Lastwagen zugelassen. Auf einem Streckennetz von derzeit 11.600 Kilometern dürfen die Gigaliner nun rollen. Bis zu 25,25 Meter lang können sie sein und damit sechs Meter länger als herkömmliche Lkws. Transportiert werden dürfen alle Güter.

Rechtsanwalt Remo Klinger, der das Bündnis vertritt, hält dies für rechtswidrig. Die EU-Richtlinie, die die Maximallängen für Lkws bestimme, sehe Gigaliner nur für bestimmte Tätigkeiten vor, etwa in der Forstwirtschaft. „Den gewöhnlichen Verkehr von Riesen-Lkws, wie in Deutschland nun erlaubt, lässt die Richtlinie jedoch nicht zu. Dies widerspricht dem Europarecht.“

Die Verbände äußern weitere Bedenken. „Den Bürgerinnen und Bürgern erzählt Verkehrsminister Alexander Dobrindt das Märchen vom umweltfreundlichen Riesen-Lkw. Tatsächlich verbilligt er damit Lkw-Verkehre weiter“, sagt Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe. Wenn für drei Fahrten zukünftig nur zwei gebraucht würden, spart das vor allem Kosten für Fahrer*innen ein. Auch Dirk Flege von der Allianz Pro Schiene befürchtet, dass diese Vergünstigung zulasten des Güterverkehrs auf der Schiene gehe. Auf der Strecke blieben so langfristig Umwelt- und Klimaschutz.

„Die Bahn ist auf diese Güter nicht ausgerichtet“

Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Speditions- und Logistikverbands, wehrt sich gegen diese Darstellung. „Von einer drohenden Rückverlagerung auf die Straße kann nicht gesprochen werden.“ Diese Güterarten könnten vom System Schiene nicht schnell und günstig transportiert werden. „Die Bahn hat sich strukturell gar nicht auf diese Kunden- und Gütergruppen ausgerichtet“, sagt Huster.

Dirk Flege von der Allianz Pro Schiene teilt diese Einschätzung, sieht die Verantwortung jedoch bei der Politik. Güterzüge in Deutschland würden wegen Netzengpässen oft nicht einmal die EU-Standardlänge von 740 Metern erreichen. „Die Projekte zur Ertüchtigung hängen seit Jahren in der Warteschleife und bei der Verlängerung des Lkws kann es dem Verkehrsminister gar nicht schnell genug gehen“, kritisiert er.

Anwalt Remo Klinger

„Das widerspricht Europarecht“

Das Bündnis sieht die öffentliche Meinung hinter sich: Laut einer Forsa-Umfrage lehnen drei Viertel aller Deutschen die Gigaliner ab. Eine Onlineplattform soll es Bürger*innen ermöglichen, Protestbriefe an die Verkehrsministerien der Länder zu schicken, um die Freigabe weiterer Strecken für Gigaliner zu verhindern.

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